09 | 07 | 2019 | Praxis | 0 | 6192 |
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Back to Basics
Mit (fast) leeren Händen gehen Ruben und Robin ans Wasser und fischen mit einem Minimum an Ausrüstung: Ein Sackmesser für den Haselstecken, ein bisschen Schnur, ein Blei und ein Haken mit einem Wurm dran – und alles Wesentliche ist bereit für ein Fischererlebnis der besonderen Art.
Nicht wenige Fischerkarrieren haben mit einer Haselrute begonnen. Im Lauf eines Fischerlebens häuft sich dann in der Regel meist ein unüberschaubares Arsenal an Ruten, Rollen, Ködern und Zubehör an. Im Wesentlichen geht es aber eigentlich nur darum, den Fischen einen Köder präsentieren zu können. Dafür reicht im Grunde eine Schnur und ein Haken. Dass das bestens funktioniert, zeigen Handleinenfischer auf der ganzen Welt. Wir versuchen es an einem Fliessgewässer, für einmal möglichst ohne Fischereizubehör und machen den Test, ob man mit einfachsten Mitteln auch in der Schweiz am Wasser erfolgreich sein kann. Mit dabei ist auch ein solides Petri-Heil-Sackmesser. So viel Technik darf sein.
Unbeschwert ans Wasser gehen
Ausgestattet mit Wanderrucksäcken und geländetauglichen Schuhen starten wir unseren Versuch an einem schönen Forellengewässer. Wir sind ungewohnt leicht unterwegs und haben weder Ruten noch eine Köderbox dabei. So ganz ohne den gewohnten Fischerkram sind wir ziemlich flott unterwegs und halten bald Ausschau nach vielversprechenden Stellen mit kleinen Läufen und Pools. Die vergangenen Maiwochen waren kühl und verregnet, entsprechend kalt und trüb kommt das Wasser daher. Wir entdecken einen Haselstrauch und entscheiden uns für zwei lange und besonders gerade wachsende Äste. An die Spitzen der zurechtgeschnittenen Stecken knüpfen wir unsere Vorfächer und wählen die Länge ungefähr so, dass wir die Haken am unteren Ende des Steckens einstecken können. Als Gewicht nehmen wir ein Klemmblei und als Bissanzeiger verwendet Ruben einen Grashalm, derweil Robin lieber einen richtigen Bachzapfen im Blick hat. Die Würmer lassen sich schnell auftreiben, indem wir einige grössere Steine umdrehen. Wir fühlen uns ins Kindesalter zurückversetzt und können es kaum erwarten, endlich unsere Würmli zu baden.
Nicht ganz so einfach wie gedacht
Das Fischen mit den Haselruten gestaltet sich nicht ganz so einfach. Eine Rute mit Rolle gewohnt, fällt uns das Auswerfen mit den Stecken schwer, wenn denn überhaupt von «Werfen» die Rede sein kann. Vielmehr sind wir froh, den Wurm einigermassen zielgerichtet unter der Spitze unserer Stecken im Wasser platzieren zu können. Wir machen dabei nicht die eleganteste Figur und müssen uns stark exponieren, um interessante Stellen überhaupt erreichen zu können. Unauffällig geht anders, da richtet auch Rubens hübscher Grashalm als Bissanzeiger nicht viel aus. Ganz zu schweigen von der limitierten Reichweite. Kaum ist der Wurm im Wasser, hat ihn die Strömung auch schon wieder vorbeigetrieben. Wir strecken und recken uns für jeden Zentimeter in der fängigen Zone. So langsam dämmert uns, weshalb die Entwicklung der Fischereiutensilien nicht bei den Stecken stehen geblieben ist …
Und doch geht etwas
Nach etlichen erfolglosen Versuchen gewinnen wir immerhin etwas Übung und es gelingt uns zunehmend besser, uns unauffällig den interessanten Stellen zu nähern und den Wurm ohne grosses Herumfuchteln ins Wasser sinken zu lassen. Robin pirscht sich auf einen grossen Felsen und versucht von dort oben, den grossen Pool dahinter zu befischen. Da muss doch was gehen! Sein Radius reicht gerade mal aus, um den Wurm am Einlauf zu platzieren und ihn langsam in Richtung Pool treiben zu lassen. So idyllisch und fängig die Stelle auch aussieht, es tut sich fürs Erste nichts. Nach etlichen Versuchen scheint sich der Wurm auf einmal am Grund festgesetzt zu haben. Ein Hänger mit der Haselrute? Robin schwant nichts Gutes. Nach zaghaftem Ziehen zeigt sich aber, dass ein Fisch und nicht der Haken den Widerstand am Grund verursacht. An Land gehievt, entpuppt sich der vermeintliche Hänger als Groppe. Robin staunt und ist begeistert. Es ist seine allererste Groppe – und dies ausgerechnet mit einer Haselrute auf einen Wurm, der fast so gross ist wie das Tierchen selbst. Robin sieht sich die Groppe ganz von nahem an und findet, sie sehe aus wie ein veritables Urzeitmonster. Ihm fällt auf, das sein Blei heruntergerutscht ist. Er hat den Wurm im Stil eines Cheburashka-Rigs gefischt. Warum nicht mal mit solchen Rigs am Fluss fischen? Das will sich Robin merken.
Ruben befischt derweil einen Abschnitt mit vielen grossen Steinen und lässt seinen Wurm jeweils direkt unter der Spitze in den Strömungsschatten der Hindernisse sinken. Schliesslich steigt endlich eine kleine Fario ein und Ruben freut sich, dass sich trotz der einfachen Mittel eine der scheuen Forellen verführen lässt. Leider ist die Zeit fortgeschritten, doch Ruben kann sich kaum losreissen und ist überzeugt, dass sich mit dieser minimalistischen Ausrüstung auch ein richtig guter Fisch fangen lässt. Wenn nicht heute, dann bestimmt ein anderes Mal. Dieses Fischen macht mit etwas Übung nämlich immer mehr Spass und hat Suchtpotenzial.
Spannende Alternative für das spontane Fischen
Unser Versuch am mittelgrossen Forellengewässer gestaltet sich für diese Art der Fischerei ziemlich anspruchsvoll. Vermutlich war der besuchte Fluss eher zu gross und wir gehen davon aus, dass die limitierte Reichweite in einem kleineren Fliessgewässer deutlich weniger ins Gewicht gefallen wäre. Wir können uns gut vorstellen, während Wanderungen spontan eine Rute zu schnitzen und zu versuchen, das Picknick an der Feuerstelle mit frischem Fisch zu bereichern. Das Schweizer Freiangelrecht bietet an den Seen zahlreiche Gelegenheiten, um zur üppigen Sommerzeit am Wasser spontan erfolgreich zu sein. Um Sonnenbarsche, Egli oder Weissfische zu fangen, braucht es vielfach wirklich nicht mehr als nur etwas Schnur und einen Haken in der Tasche. Gerade wenn man mit Kindern unterwegs ist, kann man ihnen damit so manches Highlight am Wasser bescheren. Nicht selten schlägt dabei das Fischervirus zu womit der Grundstein für eine weitere Passion für das Wasser und seine Bewohner gelegt ist.
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