13 | 04 | 2018 | Praxis | 0 | 6091 |
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Das Geheimnis der unbekannten Fliege
In den letzten Jahren gab es in weiten Teilen des Alpen- und Voralpenraums vermehrt Meldungen einer Fliege, die in der Fliegenfischerei bislang nicht bekannt war. Sie sieht aus wie eine Märzbraune und Du ahnst schon, dass jetzt ein «Aber» folgt…
Die echte Märzbraune (Rhithrogena germanica) ist unter Fliegenfischern bekannt und bei uns weit verbreitet. In Österreich ist sie eine eher seltene Fliege, es sind nur zwei Flüsse bekannt, an denen diese Art in grösseren Mengen schlüpft.
In den letzten Jahren gab es jedoch vermehrt Meldungen einer Fliege, die in der Fliegenfischerei nicht bekannt war: Rhithrogena gratianopolitana. Diese Eintagsfliege wurde erst 1986 als eigene Art erkannt und beschrieben. Sie fehlt auf den Britischen Inseln und hatte bisher bei den Fliegenfischern auch keinen eigenen Namen. In Absprache mit dem namhaften Entomologen, Dr. Bauernfeind, haben wir ihr den Namen «Neglected March Brown» gegeben.
Die Neglected March Brown hat andere Flugzeiten als die Märzbraune
Die echte Märzbraune fliegt bereits ab Mitte Februar und ihre Flugzeit klingt Mitte März aus. Die Rhithrogena gratianopolitana gehört zur gleichen Gattung wie die echte Märzbraune und vollführt wie diese um die Mittagszeit und am frühen Nachmittag einen Massenschlupf an der Wasseroberfläche. Allerdings, und das ist für uns Fliegenfischer interessant, liegt die Flugzeit der Neglected March Brown später. Sie beginnt frühestens ab Mitte März und geht dann bis Mitte/Ende April!
Von der echten Märzbraunen kann man die Duns der Neglected March Brown übrigens unterscheiden. Schaue auf die Flügel! Diese haben keine schwarz gehöften Adern, sondern sind weitgehend einfarbig. Die Hinterflügel weisen ausserdem einen hellen (aschfarbenen) Rand auf, der sich deutlich vom dunkleren Zentrum abhebt.
Die Neglected March Brown ist auch etwas kleiner als die echte Märzbraune und kommt, soweit bekannt, mit dieser nicht in den gleichen Gewässern vor.
Nachgewiesen wurde sie bisher in weiten Teilen des Alpen- und Voralpenraums (auch auf der Südseite der Alpen), sowie im Schwarzwald. Im Inn beiInnsbruck, ist sie im Frühjahr eine regelmässig und massenhaft auftretende Art!
Nach der Neglected March Brown kannst du deine Uhr stellen!
Ab der Mittagszeit schlüpfen die ersten Olive Duns und die ersten Fische werden oberflächenaktiv. Nach einer halben Stunde sieht man zwischen den Olive Duns, die nun in grösseren Mengen schlüpfen, einige Neglected March Brown. In der Regel bleibt die Menge der Olive Duns gleich, allerdings mit unregelmässigen Schwankungen – die Menge der Märzbraunen hingegen steigert sich, bis der signifikante Schlupfhöhepunkt, der maximal 15 bis 30 Minuten dauert, erreicht ist. Anschliessend werden die frisch geschlüpften Märzbraunen weniger, und auch der Schlupf der Olive Duns flaut ab.
Die Schlupfrate beider Arten ist nicht konstant, sondern folgt eher einer Wellenbewegung. Zu Beginn der Flugzeit dauert das Spektakel von etwa 12:30 (13) Uhr bis 14 (14:30) Uhr.
Um 15 Uhr sieht man keine Duns mehr auf dem Wasser sitzen, und die Oberflächenaktivität der Fische ist faktisch beendet.
Von Tag zu Tag verlängert sich die Flugzeit und kann im Idealfall auch etwas mehr als drei Stunden dauern.
Wetterkapriolen (Wind, Regen, erhöhter Wasserstand) verändern diese Schlupfzeiten. So kam es am Inn vor, dass nach einem unwesentlichen Baetis-Schlupf zur «regulären Zeit» deutlich später plötzlich die neuen Märzbraunen auftauchten. Wir haben auch erlebt, dass wetterbedingt an manchen Tagen nur ganz wenige Tiere geschlüpft sind und einige Tage später bei besseren Bedingungen wieder ein Massenschlupf aufgetreten ist.
Grundsätzlich sollte man um 12 Uhr voll adjustiert und bereit für die Fischerei am Fischwasser sein!
Trotz intensiven Beobachtens bleibt ein Rätsel bestehen
Auffällig sind auch starke Ausfälle der Tiere beim Schlupf, und zwar sowohl bei schlechten, als auch guten Wetterbedingungen. So sieht man schon mit Beginn der Schlupfphase massenhaft Stillborns nahe der Wasseroberfläche. Im Frühling 2014 bildeten die toten Fliegen am Inn an manchen Tagen in sandigen Buchten einen deutlichen Ufersaum. Möglicherweise hängt dies damit zusammen, dass die Tiere sehr berührungsempfindlich sind. Uns ist von keiner anderen Eintagsfliege bekannt, dass das Berühren der Flügelspitzen einen sichtbaren Schaden erzeugt.
Auch ist nicht bekannt, wie, wo und wann die Eiablage stattfindet. Trotz intensiver Beobachtungen konnten wir nie Männchenschwärme und Eiablageflüge der weiblichen Spinner beobachten.
Parallelen zum Maifliegenschlupf!
Die Aktivität bzw. das Verhalten der Fische ist vergleichbar mit einem Maifliegenschlupf. In den ersten Tagen des Schlupfs sind die Fische einfach zu überlisten und man kann Sternstunden erleben. Je länger die Flugzeit dauert, desto schwieriger wird es – trotz Massenschlüpfen von Eintagsfliegen!
Man merkt täglich, wie die Fische durch das überreiche Futterangebot selektiver werden und immer schwieriger zu überlisten sind. Gleichzeitig bauen sie von Tag zu Tag mehr Kampfkraft auf, was sich dadurch zeigt, dass man mehr Fische im Drill verliert.
Zum Ende der Flugzeit ist es oft Glückssache, am Schlupfhöhepunkt – trotz vieler steigender Fische – einen zu haken. An solchen Tagen lehren einen die massenhaft nach Emergers, Stillborns und Duns auf der Wasseroberfläche steigenden Fische fischereiliche Demut…
Stillborns? Die gibt es bei diesem Insekt in rauen Mengen!
Eines können wir sagen: An allen Tagen war die beste Zeit ganz am Anfang der Schlupfphase, als die ersten Fliegen auf der Wasseroberfläche abtrieben, beziehungsweise als die ersten Fische zu steigen begannen.
Die vielen Stillborns ab Beginn des Schlupfs ermutigten uns auch zur Präsentation von entsprechenden Mustern gleich vom Start weg – mit teils unerwarteten Erfolgen! Je mehr Duns dahersegelten, umso heikler wurden die Fische. Auch in der Endphase des Schlupfs (oder auch nach dem Schlupf) war es leichter einen Fisch zu haken, als am Höhepunkt der Schlupfaktivität. Wichtig waren auch die «Nachsammler» in den Stauräumen, ruhigen Kehrwassern und langsam fliessenden Flusspassagen. Nach so einem starken Schlupf driften viele tote Fliegen und Stillborns im Oberflächenfilm und unter Wasser.
Besonders Regenbogenforellen suchen dann in grösserem Radius unter Wasser und sammeln auf, was vom Festmahl übrig geblieben ist.
Die hier geschilderten Beobachtungen beziehen sich auf Forellen. Äschen waren mit dem Laichen beschäftigt und ein Beifang wurde uns nicht forciert.
Wenn du also auf diese «neue» Fliegen triffst, weißt Du, was Dich erwartet und wie Du erfolgreich fischen kannst. Ich wünsche Dir eine gute Zeit am Wasser!
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