20 | 06 | 2022 | Praxis | Diverses | 0 | 6847 |
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Das Kleid der Fische
Das markante Schuppenkleid der Fische ist nicht nur schön anzusehen, sondern schützt die Fische vor schädlichen äusseren Einflüssen. Eine schmucke und funktionale Rüstung, die in allen Farben, Grössen, Texturen und Formen daherkommt. In diesem Fischkundebericht gehen wir tiefer auf die teilweise überraschenden Funktionalitäten der Schuppen ein.
Ein Liebhaber von Meeresfrüchten schenkt den nicht sehr schmackhaften Schuppen kaum Aufmerksamkeit. Dem Angler, der sich deutlich mehr mit den Tieren auseinandersetzt, fallen jedoch die verschiedenen Musterungen und Formen der Schuppen auf. Ebenfalls wird er schnell merken, wie unterschiedlich sich die Schuppen je nach Fischart anfühlen. Die hochsensible Haut ist des Fischs wunder Punkt, darum befindet sich darüber eine schutzbietende Reihe von Schuppen. Diese robusten Schuppen sind von einer Schleimschicht überzogen, welche sie vor Keimen schützt, jedoch nicht sehr widerstandsfähig ist.
Aufbau der Schuppen
Grundsätzlich bestehen Schuppen aus einer milchigen bis durchsichtigen Oberschicht und einer darunterliegenden Grundschicht aus Knochenmaterialien. Auch finden sich Knorpel in den Fasern, welche die sogenannten «Zuwachsringe» bilden. Diese werden radial unterbrochen, damit die Schuppen biegsam und flexibel bleiben. Die Beschuppung wird im jungen Alter der Fische aufgebaut. Die Anzahl bleibt das Fischleben lang gleich, die Schuppen wachsen mit dem sich entwickelnden Fischkörper bei den meisten Fischen gleichmässig mit. Solange die Hautschichten des Fischs an der Stelle, wo die Schuppen ihre Wachstumszone haben, nicht irreparabel verletzt wurden, wachsen diese nach wenigen Wochen wieder nach. Durch die Schuppen lässt sich auch das exakte Alter des Fischs bestimmen, wie man es von der Altersbestimmung von Bäumen kennt.
Die Anzahl der Schuppen variiert und ist artenabhängig. Eine Forelle ist beispielsweise mit vielen kleinen Schuppen überzogen, die bei Berührung kaum Widerstand bieten. Ganz anders fühlt sich ein Zander oder Egli an, das Wort «rau» ist hier nicht unpassend. Daraus folgt, dass Forellen anfälliger auf Hautkrankheiten sind als die barschartigen Gesellen. Die Schuppen sind bei jedem Fisch so angegliedert, dass sie beim Vorwärtsschwimmen kaum Widerstand bieten und sich der Fisch ideal vorwärtsbewegen kann.
Es existieren einige Fischarten, die über keinerlei Schuppen verfügen, sondern über eine verdickte Haut. Die geschmeidige Haut des Welses ist von einer extradicken Schleimschicht überzogen. Der weisse Stör wird durch mehrere Millimeter dicke Platten aus Knochenmaterial geschützt, welche sich vor allem am Rücken entlang aneinanderreihen und in eine dicke Haut am Bauch übergehen. Im juvenilen Alter sind die kleinen Störe den Gefahren aus der Luft ausgesetzt, daher die verstärkte Panzerung an der Rückenpartie.
Schuppenarten
Fische weisen verschiedene Schuppenarten auf; wir fokussieren uns auf die zwei häufig vertretenen Arten: die Rund- und Kammschuppen. Die Haut der meisten Haie und Rochen verfügt über eine raue Oberfläche, diese werden Plakoidschuppen genannt. Sie sind jedoch keine «echten» Schuppen, da sie aus harten Hautzellen und nicht aus Knochen und Knorpeln bestehen. Barschartige Fische verfügen meist über Kammschuppen, welche fest in der Haut verwurzelt und gezahnt sind. Wenn beispielweise Fische miteinander kämpfen, lösen sich nur wenige Schuppen und legen die Haut frei. Fische, welche über diese Schuppenart verfügen, sind demnach robust und weniger anfällig auf Hautpilz. Mit den charakteristisch feinen und flach angegliederten Rundschuppen können Fische besser beschleunigen und erreichen durch die bessere Gleitfähigkeit höhere Geschwindigkeiten. Leider lösen sich die Schuppen schneller aus der Haut, was zu Verpilzung führen kann.
Der Spiegelkarpfen (auch Spiegler genannt) hebt sich durch die oft unregelmässig verteilten und übergrossen Schuppen von seinen Artgenossen ab. Beim ähnlichen Schuppenkarpfen sind die Schuppen gleichmässig über den ganzen Körper verteilt. Durch ihre dicke und ledrige Haut sind die Spiegelkarpfen auch bei fehlenden Schuppen gut vor Verletzungen geschützt. Die verschiedenen Karpfenarten auseinanderzuhalten, ist herausfordernd. Lederkarpfen besitzen keine Schuppen. Zeilkarpfen weisen nur eine einzelne Reihe von Schuppen entlang der Seitenlinienorgane und teilweise auf dem Rücken auf. Diese Reihe kann jedoch beim Zeilkarpfen auch verdoppelt auftreten. Jeder Spiegel- sowie Zeilkarpfen ist somit ein Unikat, da kein Schuppenkleid genau gleich ist wie ein anderes.
Eine bekannte Gattung aus der Karpfenfamilie ist der Koi-Karpfen. Die netzartig angegliederten und grossen Schuppen gibt es in zahlreichen Farbvarianten, beispielsweise in Gold, Gelb, Schwarz-Weiss, Rot-Schwarz, Rot-Weiss, oder Schwarz-Weiss-Rot. Durch die farbenfrohen Schuppen werden gewisse seltene Farbkombinationen besonders geschätzt und bringen an Auktionen viel Geld ein. Der bisher teuerste Koi der Welt soll für die Riesensumme von umgerechnet 1,6 Millionen Schweizerfranken den Besitzer gewechselt haben. Dabei handelte es sich um einen sogenannten Kohaku, einen weissen Koi mit roter Zeichnung, der neun Jahre alt und knapp über einen Meter gross war.
Hautkrankheiten
Wenn die oberste Schicht der Schleimhaut verletzt wird, kann dies bei gewissen Fischen zu einer Pilzkrankheit führen. Obwohl die Schuppen an sich noch intakt sind, kann sich die Schleimhaut der Fische entzünden und unschöne Wunden hervorrufen. Wenn der Fisch über ein intaktes Immunsystem verfügt, heilen die Wunden bzw. Pilzkrankheiten ohne langfristige Folgen von allein. Wenn der Fisch jedoch unter Stress steht oder geschwächt ist, kann die Verletzung der Schleimschicht zum Tod führen. Dies ist bei Forellen oft in der Paarungszeit zu beobachten, da sie sich beim Aufstieg in die Laichgründe und beim Laichgeschäft verletzen. Daher ist es sehr wichtig, Fische nur mit nassen Händen anzufassen und wenn möglich einen gummierten Feumer zu verwenden. Diese Massnahmen beugen weiteren Verletzungen vor. Vertreter der Salmoniden gehören durch ihre feine und fragile Schuppierung und dünne Schleimschicht zu den Fischen, bei denen besondere Vorsicht bei der Handhabung geboten ist.
Schuppen in Perlglanz
Mit Fischschuppen wird eine perlähnliche Verzierung erreicht. Das Produkt nennt man Fischsilber, Silberglanz oder Perlmutteressenz. Zu Dekorationszwecken wird aus den Schuppen von Weissfischen Effektpigment gewonnen. Es gilt als eines der ältesten bekannten Perlpigmentverfahren. Erstmals soll die Substanz in Frankreich um 1655 hergestellt worden sein. Die industrielle Produktion folgte schliesslich im Jahr 1910 in Nordamerika. Fischsilber besteht im Grunde aus mikroskopischen Kristallen der Schuppen. Durch die Zerreibung der Schuppen mit Wasser setzt sich der kristallisierende Belag am Boden ab. Dieser wird dann mit Ammoniak reingewaschen. Zur Auswaschung von 500 g Silberglanz sollen 18?000 bis 20?000 Fische erforderlich sein. Diese werden meist für diesen Zweck gezüchtet.
Wundheilung durch Fischhaut
Die Haut der Fische wird in der Medizin vermehrt eingesetzt. Die heilende und entzündungshemmende Wirkung auf beschädigte menschliche Haut wird sehr geschätzt. Die Fischhaut vom Kabeljau wird vor allem bei chronischen Wunden von Diabetikern erfolgreich eingesetzt. Die in der Fischhaut enthaltenen Omega-3-Fettsäuren lindern Entzündungen, töten Bakterien und fördern somit den Wideraufbau des neuen Gewebes.
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