20 | 04 | 2018 | Praxis | 0 | 7407 |
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Forellen in Reichweite
Zum Auftakt der Bachforellen-Saison fischt Marco Mariani gerne mit kleinsten Kunstködern. Seine Favoriten sind Lachsei- und Fischbrut-Imitationen, die er an der langen Bolognese-Rute präsentiert.
Das Ende der Bachforellen-Schonzeit im Frühling ist für viele Fischer gleichzeitig der Startschuss in die neue Saison. Nach den dunklen Wintermonaten sind die Hoffnungen auf stattliche Fänge gross. Oft kommt allerdings schon nach den ersten paar Würfen Ernüchterung auf und am Ende des ersten Angeltags ist die Enttäuschung dann gross. Doch das muss nicht so sein.
Als Erstes muss man sich Gedanken über den richtigen Köder machen. Nicht jeder Köder, der in der warmen Jahreszeit gut fängt, ist auch jetzt die beste Wahl. Die Salmoniden sind bei der Nahrungsaufnahme wählerisch und stürzen sich nicht auf alles, was irgendwie fressbar aussieht. Während des Winters haben sich die Forellen auf das im Gewässer vorhandene Nahrungsangebot eingestellt. In der kalten Jahreszeit stehen kaum grössere Insekten auf ihrem Speiseplan. Auch Futterfische sind im Winter nur noch an wenigen Stellen und mit grosser Mühe auffindbar. Folglich spezialisieren sich die Rotgetupften auf die restliche Nahrung, die ihnen während dieser mageren Monate verbleibt. Neben Bachflohkrebsen und kaum noch sichtbaren Kleinstfliegen ist dies gerade zur Saisoneröffnung oftmals die eigene Nachkommenschaft. Hierbei spielt es meist keine Rolle, ob schon ausgeschlüpft oder noch im Entwicklungsstadium. Sowohl mit Forelleneiern als auch mit wenigen Zentimeter messenden Jungfischen kann man nun gute Fänge machen.
Lieber Kunst als Natur
Der Einfachheit halber verwende ich gerne Imitate von Naturködern. Echte Forellen- oder Lachseier, wenn überhaupt erlaubt, halten oftmals nicht sonderlich gut am Haken und laufen bereits beim Anködern leicht aus, so dass nach kurzer Zeit nur noch die erschlaffte Aussenhaut am Haken verbleibt. Dies passiert mit künstlichen Forellen- bzw. Lachs-Eiern aus Weichplastik nicht. Sie halten hervorragend am Haken und überstehen manchmal sogar den Fang mehrerer Fische, ohne dass man sie ersetzen muss.
Bei natürlichen Köderfischchen verhält es sich ähnlich. Auch diese halten in der Strömung nicht lange am Haken. Erschwerend kommt hinzu, dass sie in den ganz kleinen Grössen nicht immer ohne weiteres verfügbar sind. Gute Dienste haben mir daher die Jungfisch-Imitate «Gulp! Alive! Minnows» von Berkley geleistet. Sie sind in verschiedenen Grössen erhältlich, von denen ich mich für die kleinste entscheide. Mit lediglich einem Zoll, also zirka 2,5 Zentimetern Länge, wird frisch geschlüpfte Forellenbrut hervorragend imitiert.
Bei den Fängen konnte ich übrigens weder bei den Forelleneiern noch bei den Jungfischen einen nennenswerten Unterschied zu ihren natürlichen Vorbildern feststellen. Ich nehme an, dass Bachforellen aufgrund der schnellen Strömung, in der sie sich manchmal aufhalten, sowieso kaum Zeit haben, um den Köder vor dem Biss noch genau zu inspizieren. Unter solchen Bedingungen ist die Köderpräsentation deutlich wichtiger als ein möglichst naturgetreues Aussehen des Köders selbst.
Weiche, dünne Schnur
Daher darf die Schnur nicht zu steif sein. Eine dicke und somit zwangsläufig auch steife Schnur verhindert natürliche Bewegungen des Köders im Wasser. In Kombination mit einer sensiblen Rutenspitze und einer fein justierbaren Bremse reicht ein 0,16er Monofil in nahezu allen Situationen vollkommen aus. Um plötzliche Fluchten am feinen Geschirr optimal abbremsen zu können, gibt es meiner Meinung nach kaum eine bessere Möglichkeit als eine Laufrolle. So fein wie mit dem Finger auf der rotierenden Spule lässt sich der Schnurlauf auf keiner Stationärrolle dosieren. Besonders gerne setze ich zum Forellenfischen die mit Getriebe übersetzte Laufwenderolle von KST Spezi ein. Durch den Wendemechanismus kann man sehr leicht auch grössere Distanzen werfen und durch das Getriebe geht das Einholen der Schnur blitzschnell.
Um das Maximum an Tragkraft aus der Schnur herauszuholen, verzichte ich auf ein dünneres Vorfach und befestige den Haken direkt an der Hauptschnur bzw. an einem Mikro-Snap. Durch den Mikro-Snap erreicht man eine noch bessere Bewegungsfreiheit des Köders im Wasser. Ähnlich wie eine zu steife Schnur kann auch ein zu grosser Haken die Köderpräsentation negativ beeinflussen. Bei künstlichen Lachseiern benutze ich daher normalerweise Haken der Grösse zwölf. Bei den Fisch-Imitaten sollte der Haken dagegen etwas grösser ausfallen, damit der Köder nicht zu sehr vom Haken verdeckt und der Anschlag zuverlässig gesetzt werden kann. Meistens kommt bei mir ein Haken der Grösse zehn zum Einsatz. So ist sichergestellt, dass er zuverlässig im Maulwinkel der Forellen greifen kann.
Kombi-Technik
Zum Anbieten der Köder-Imitate habe ich meine eigene Technik entwickelt. Es ist eine Kombination aus der Tocco-Technik (eine Art Spürfischen), die vor allem in Frankreich und Italien verbreitet zum Fischen auf Bachforellen eingesetzt wird, und einer klassischen Zapfen-Montage. Dies mag zwar etwas ungewöhnlich sein, bringt aber gleich mehrere Vorteile. Man kann damit nahezu das gesamte Flussbett nach den Salmoniden absuchen. Der Köder lässt sich sowohl im Nahbereich mit höchster Präzision anbieten als auch an entfernteren Stellen.
Zunächst suche ich meine unmittelbare Umgebung mit der Tocco-Methode ab. Mit ihr kann man in jedem noch so kleinen Kehrwasser, hinter jedem grösseren Stein oder an allen sonstigen Unterständen gezielt nach den Forellen suchen, ohne dass der Köder zu schnell daran vorbeitreibt.
Köder unter der Rutenspitze
Man fischt dabei mit dem Köder direkt unter der Rutenspitze und ertastet die Bisse, indem man die Hauptschnur zwischen Daumen und Zeigefinger hält. Da der Zapfen hierbei nicht benötigt wird, schiebt man ihn einfach entsprechend weit an der Hauptschnur nach oben und lässt nur die Schrotbleie mit dem Köder ins Wasser hinab. Die Bebleiung sollte aus möglichst vielen einzelnen Schrotbleien bestehen, die gemeinsam eine etwa 80 Zentimeter lange Kette ergeben. Vom letzten Schrotblei bis zum Haken sollte dann noch ein zirka 35 Zentimeter grosser Abstand sein. Dank der vielen Schrotbleie kann der Köder natürlich angeboten werden, und verhält sich nicht zu statisch im Wasser. Der sich in der Luft befindliche Zapfen hilft dem Fischer dabei, zu wissen wo sich seine Montage gerade befindet. Als Bissanzeiger fungiert sie nicht, da die Bisse ertastet werden. Damit dies alles funktioniert, darf die Rute nicht zu kurz sein. Selbst an kleineren Gewässern benutze ich für meine Kombi-Technik eine sieben Meter lange Bolognese-Rute. Da man bei dieser Technik den Köder nur aufsetzt und keine Würfe macht, erreicht man mit einer kürzeren Rute nur wenige der potenziellen Forellenstandorte. Ausserdem verschafft einem die Länge der Rute auch eine gewisse Deckung, da man sich den Fischen beim Tocco-Angeln nicht so stark annähern muss und sie somit weniger leicht verschreckt.
Zapfen für grössere Distanz
Nachdem im Nahbereich alle Forellenstandorte abgesucht sind, kommt der Zapfen zum Einsatz. Man kann damit auch an weiter entfernten Standorten seinen Köder verführerisch präsentieren, was mit der Tocco-Methode nicht möglich ist. Wenn man den Zapfen entsprechend abtreiben lässt, erreicht man mit ihm selbst Standorte, die nur schwer direkt anwerfbar sind. So ist es mit einer Zapfen-Montage meist kein Problem, gezielt potenzielle Unterstände unter überhängenden Büschen oder kleine Kehrwässer am gegenüberliegenden Ufer zu befischen. Auch weit flussab gelegene Bereiche, die ausserhalb der Wurfdistanz liegen, können nun nach Salmoniden abgesucht werden.
Schonende Fangmethode
Die Tragkraft des Zapfens richtet sich nach der Strömungsgeschwindigkeit und der Gewässertiefe. Er muss natürlich immer auch dem Gewicht der Bleikette entsprechen. In den meisten Fällen sind Tragkräfte zwischen zwei und fünf Gramm optimal. Tendenziell wähle ich zum Forellenfischen eher Zapfen mit geringerer Tragkraft aus. Sie sind sensibler, lassen den Köder verführerischer in der Strömung spielen und sind aufgrund ihrer geringeren Grösse auch noch unauffälliger im Wasser.
Die Bleikette muss beim Zapfenfischen kaum verändert werden. Nur der Abstand zwischen dem letztem Schrotblei und dem Haken sollte auf zirka 25 Zentimeter verkürzt werden, um eine präzisere Bissanzeige zu erhalten. Damit die Abstände zwischen den Schrotbleien möglichst gleichmässig bleiben, verschiebe ich auch noch das vorletzte und das vorvorletzte Schrotblei etwas in Richtung Haken. Mit dem Zapfen erzielt man durch die lange Bleikette eine Köderführung, die den Köder zwar grundnah, aber eben nicht sonderlich hart am Grund präsentiert. Optimal also zum Fischen auf die ersten Forellen der Saison, die meist noch tief stehen. Wenn der Zapfen komplett bis zur Antenne austariert, das Vorfach nicht zu lang und die Gewässertiefe richtig eingestellt ist, gibt es praktisch keine andere Angelmethode, die den Biss frühzeitiger signalisiert. Bei richtiger Anwendung ist diese Methode – anders als manch einer vielleicht denken mag – sehr fischschonend und richtet somit keinerlei Schäden an untermassigen Fischen an.
Für alle Bedingungen gewappnet
Mit meiner Kombi-Methode aus Tocco- und Zapfenfischen ist man für fast alle Bedingungen gewappnet. Besonders zum Saisonauftakt, wenn ich das Gewässer seit einigen Monaten nicht mehr gesehen habe, begebe ich mich gerne mit dieser Methode auf Forellenpirsch. Immer wieder kommt es vor, dass sich über den Winter Stellen am Gewässer verändert haben. Neue Unterstände sind hinzugekommen und alte verschwunden. Hier muss ich flexibel auf Veränderungen reagieren können. Natürlich hat man mit der Kombi-Methode auch an neuen Gewässern, die man bisher noch nicht kennt, immer ein Ass im Ärmel.
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