Im Brennpunkt des Tierschutzes
03 | 12 | 2021 Schweiz | DiversesText: Hansjörg Dietiker 06313
03 | 12 | 2021 Schweiz | Diverses
Text: Hansjörg Dietiker 0 6313

Im Brennpunkt des Tierschutzes

An der Jahrestagung für SaNa-Instruktoren vom 13. November 2021 in Bern lag der Schwerpunkt auf dem Thema «Freilassen von Fischen». Fundierte Referate und eine interessante Podiumsdiskussion schafften Klarheit über den fairen Umgang mit Fischen.


Professor Dr. Helmut Segner, Leiter des Zentrums für Fisch- und Wildtiermedizin in Bern, behandelte das Thema Stress und Schmerz mit den neusten Erkenntnissen aus der Forschung. Erst 2002 konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass Fische Stress und Schmerz empfinden. Allerdings ist dieses Empfinden nicht vergleichbar mit demjenigen des Menschen, da Fische kein Grosshirn besitzen. Aber die physiologische Stressreaktion ist bei allen Wirbeltieren, von Mensch bis Fisch, identisch. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass wir Angelfischer den schonenden Umgang mit Fischen nach folgenden Prinzipien anwenden müssen:

  • Die Luftexposition des Fischs auf ein Minimum reduzieren
  • Kontakt mit trockenen Oberflächen (Untergrund oder Hände) vermeiden
  • Manipulationen des Fischs auf ein Minimum beschränken

Grundsätzlich gilt: «Keep them wet!», behalte sie nass, also den Fisch möglichst nicht aus dem Wasser nehmen.


Catch & release

Professor Dr. Jörg Luy, Forschungs- und Beratungsinstitut für Tier- und Umweltethik in Berlin, ging auf die ethisch-philosophische Betrachtung des Freilassens von Fischen ein: «Jedes Verhalten, das anderen Schmerzen, Leiden (einschliesslich Angst) oder Schäden zufügt, löst ethische Bedenken aus. Das gilt auch für die Angelfischerei. Aber: In bestimmten Fällen überlagert ein Gefühl des Gerechtfertigtseins die ethischen Bedenken. Beispiel: Jagd und Fischfang werden bislang als unvermeidliches Übel wahrgenommen (Nahrungsmittel-Beschaffung). Gegenbeispiel: Stier- und Hahnenkämpfe werden nicht als unvermeidlich empfunden. Weil Catch & Release nicht durch Nahrungsbeschaffung gerechtfertigt werden kann, wird es als Zufügung von Schmerzen, Leiden und Schäden wahrgenommen, die allein für das Vergnügen des Anglers in Kauf genommen werden.»

Der Referent bescheinigte der Schweiz eine intelligente Lösung, indem bei uns Catch & Release grundsätzlich verboten, das Zurücksetzen von Fischen aber unter folgenden Bedingungen gestattet ist: Nicht beabsichtigte Fänge (Fische anderer Arten als beabsichtigt), dürfen zurückgesetzt werden. Gefangene Fische, welche die Bedingungen für eine Entnahme erfüllen würden, können in Eigenverantwortung durch den Fischer im Einzelfall auch wieder zurückgesetzt werden, wenn dafür ein ökologischer Grund besteht.

 Ein gutes Beispiel für ein gelungenes Fangfoto, wenn der Fisch wieder «released» werden soll. Der Hecht muss das Wasser nicht verlassen.

Ein gutes Beispiel für ein gelungenes Fangfoto, wenn der Fisch wieder «released» werden soll. Der Hecht muss das Wasser nicht verlassen.


Praxisgerechte Eigenverantwortung

Andreas Hertig, Fischereiinspektorat Bern und Mitglied des SaNa-Lenkungsausschusses, be-
leuchtete das Problem aus der Sicht der Fischereiaufsicht: «Im praktischen Vollzug ist meist nicht C&R an sich das Problem, sondern die Behandlung der gefangenen und wieder freizulassenden Fische. Eine sogenannte Absicht zum Freilassen, was verboten wäre, ist schwierig nachzuweisen, da fast jeder Fisch entweder als wichtiges Laichtier oder als Nicht-Zielfischart bezeichnet werden kann, den man zurücksetzen darf!» Wie Susanne Haertel-Borer betonte auch Hertig, dass die in der Schweiz gehandhabte Praxis tierschutz- und fischgerecht ist, und sie warnen beide vor einer restriktiveren Überregulierung.

Philipp Sicher, Tagungsleiter und kürzlich zurückgetretener SFV-Geschäftsführer, dokumentierte das zulässige Fotografieren lebender Fische. 


Lebhafte Tagung

In der anschliessenden Podiumsdiskussion brachten sich die Instruktoren aktiv ein, sodass auch viele Detailfragen geklärt werden konnten. 

Adrian Aeschlimann (SKF) und Beat Ludwig übernahmen die Leitungsfunktion von Philipp Sicher und informierten über die administrativen Neuerungen der Kursorganisation. Zum Abschluss wurde der zurückgetretene Philipp Sicher mit einer gehaltvollen Laudatio von Susanne Haertel-Borer und einer «Standing Ovation» der 75 anwesenden Instruktoren verabschiedet.


 

Die 12 Punkte zum richtigen Zurücksetzen sind übrigens in der soeben erschienenen Fischer-Agenda 2022 aufgelistet (Seiten 218/219). Erhältlich im Shop von petri-heil.ch.

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