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Ceviche
04 | 12 | 2024 | Praxis | 0 | 502 |
04 | 12 | 2024 | Praxis |
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Um das Karpfenfischen im Winter rankt sich immer noch viel Halbwahres. Unser Karpfenexperte hat ein paar Winterkarpfen-Mythen unter die Lupe genommen.
Als wechselwarme Tiere fahren Karpfen bei tiefen Wassertemperaturen ihren Stoffwechsel herunter. Sie fressen weniger; folglich sinken unsere Fangchancen. Es gibt aber Gewässer, in denen die Fangchancen zur kalten Jahreszeit steigen. Immer dann, wenn sich die Fische in der warmen Zeit über grosse Flächen verteilen, sich aber im Winter in einem kleinen Bereich konzentrieren. Dies sind zum Beispiel grosse, flache Seen mit nur einem kleinen tiefen Bereich. Sind 90 Prozent eines Gewässers flach und nur 10 Prozent tief, konzentriert sich im Winter oft der gesamte Karpfenbestand auf diese 10 Prozent. In Kanälen und Flüssen verhält es sich ähnlich: Zur warmen Jahreszeit verteilen sich die Karpfen über viele Kilometer, im Winter konzentrieren sie sich an wenigen Stellen.
Lokation ist noch viel wichtiger als zur warmen Jahreszeit. Im Sommer genügt oft Glück und Ausdauer, früher oder später trifft ein Karpfen auf unseren Köder. Im kalten Wasser ist das anders. Die Fische beziehen ihre Winterruheplätze und die können, je nach Gewässer, sehr klein sein.
Genauigkeit ist jetzt wichtig. Karpfen fressen nicht nur wenig, sie ziehen vor allem deutlich weniger bis gar nicht umher, um Energie zu sparen. Wenn der Köder nicht in direkter Nähe der Standplätze angeboten wird, bleiben die Bissanzeiger stumm. Tiefe Gewässerbereiche, idealerweise mit Totholz oder überhängenden Büschen, sind der Schlüssel zum Erfolg. Optimal ist es, wenn Du solche Bereiche am Nord- oder Ostufer findest, im Windschatten der kalten Nord- und Ostwinde. Gleichzeitig scheint die Sonne auf dieses Ufer. Das sorgt für ein kleines Bisschen angenehmere Temperaturen. Im Winter können 0,5 Grad den Unterschied machen.
Karpfen nehmen im Winter nur noch wenig Nahrung zu sich. Das kann so weit gehen, dass sie über Tage oder Wochen überhaupt nichts fressen. Sie verhalten sich passiv, vergraben sich manchmal sogar ein Stück im Schlamm bzw. liegen auf dem Boden. Das kann man durchaus mit einem Winterschlaf vergleichen. Dass Karpfen lange Zeit auf dem Gewässerboden verbringen, sieht man am oft starken Befall mit Fischegeln, wenn die Fische im Frühjahr gefangen werden.
Dieser Zustand tritt besonders oft ein, wenn Karpfen kaum noch Fressbares finden. Gibt es hingegen auch im Winter leicht zugängliche Nahrung, nehmen sie hin und wieder einen kleinen Imbiss. Gut, wenn es sich dabei um natürliche Nahrung handelt. Dann ist es möglich, ohne viel Vorbereitung einen Winterkarpfen zu fangen.
Der Erfolg der Boilies liegt in ihrer Selektivität. Durch ihre Härte können fast nur Karpfen die Köder fressen. Die Härte geht aber zu Lasten der Lockwirkung. Im Winter sind Weissfische deutlich weniger aktiv, sodass wir nicht zwangsweise auf selektive Boilies angewiesen sind.
Frolic ist aufgrund seiner Löslichkeit ein hervorragender Winterköder. Ich greife auch gern auf Dosenmais zurück. Bei beiden Ködern ist auch das Risiko einer Überfütterung geringer. Denn im Gegensatz zu Boilies werden sich doch früher oder später ein paar Weissfische um das Futter kümmern.
Hingegen ist Futter, das schwer im Magen liegt, nie gut. Die Karpfen sind dadurch länger gesättigt. Vor allem im kalten Wasser kann der langsame Karpfen-Stoffwechsel die Nahrung schlechter verdauen. Dies gilt besonders für fettreiche Köder. Viele Fischmehle, bzw. die darin enthaltenen Fischöle, werden im kalten Wasser fest.
Ein Boilie mit solchen Fetten ist nicht nur schwer verdaulich. Das erstarrte Fett schliesst Lockstoffe ein. Die Attraktivität sinkt gegen null. Zwar gibt es Fette, die bei tiefen Temperaturen flüssig bleiben, aber ich gehe auf Nummer sicher und verwende – wenn überhaupt – fettarme Boilies ohne tierische Zutaten. Ein Blick auf die Zutatenliste von Fertigboilies hilft bei der Köderwahl.
Das Single-Hook-Bait-Angeln, also das Angeln ohne Beifutter, kann im Winter sehr erfolgreich sein. Fressen die Karpfen nicht, ist die einzige Chance, dennoch einen Biss zu bekommen, ihre Neugier anzusprechen. Vermutlich ist es Dir schon aufgefallen: Karpfen haben keine Hände! Wenn die Fische etwas inspizieren wollen, müssen sie es ins Maul nehmen. Das ist unsere Chance, sie zu haken. Auffällig gefärbte Köder, gerne auch Pop-Ups, können dann einen Anbiss provozieren. Ich bin überzeugt, dass die Neugier die Karpfen dazu bringt, unseren Köder ins Maul zu nehmen, sie beabsichtigen gar nicht ihn zu fressen. Neongelb und Weiss sind meine bevorzugten Farben, wenn es auffällig sein soll.
Sehr gern garniere ich meine Hakenköder mit neonfarbigen Plastikködern. Neongelber Kunstmais hängt bei mir fast immer am Haar (nicht nur im Winter).
Ab Februar, an den ersten wärmeren sonnigen Tagen, kann es sich immer lohnen, einen auffälligen Pop-Up im lichtdurchfluteten Flachwasser anzubieten. Hier geniessen die Karpfen gerne die erste Wärme des Jahres.
Bei kaltem Wasser sind die Fische träge. Alles läuft in Zeitlupe ab. Bei einem Biss piept der Bissanzeiger oft nur ein paar Mal und der Swinger steigt nur ein Stück. Wilde Fluchten sind selten. Das liegt aber an der Trägheit der Fische und nicht an einer grösseren Vorsicht. Darum solltest Du auch bei ein paar Piepsern anschlagen, bevor es dem Karpfen gelingt, den Haken wieder abzuschütteln.
Da sich die Fische nur wenig bewegen, bevorzuge ich kurze Vorfächer, um den Karpfen wenig Spielraum und Zeit zu geben, den Köder wieder auszuspucken, bevor er sich an der Festbleimontage hakt. Auf hartem Boden sind meine Vorfächer nur 10 cm kurz.
Interessanterweise verhalten sich Karpfen bei 6 bis 8 Grad am Winteranfang (je nach Gewässertiefe und Wetterlage kann das bis weit in den Dezember gehen) ganz anders als bei den gleichen Temperaturen im Januar und Februar oder wenn es ab März wieder wärmer wird. Am Winteranfang sind die Karpfen oft noch dabei, ihre Energiereserven aufzufüllen und hauen noch mal richtig rein.
Abgesehen von zuverlässigem Gerät (scharfe Haken, ausreichend starke Schnur und eine gut eingestellte Rollenbremse), hat die Ausrüstung streng genommen nichts mit dem Fangerfolg zu tun. Einen Karpfen interessiert es herzlich wenig, welches Zelt Du hast oder wie bequem Dein Stuhl ist.
Aber besonders im Winter gilt: Ist es ungemütlich, schwindet der Spass rapide. Wer friert, verliert schnell die Motivation. Und die richtige Motivation und Zielstrebigkeit sind sehr wohl fangentscheidend. Warme Kleidung, Getränke und Essen sorgen dafür, dass Du auch im Winter motiviert und mit Freude am Wasser bist.
Ich fische auch im Winter nachts. Da ich keine Zelte mag, verbringe ich das ganze Jahr unter meinem Ovalschirm. Im Winter kommt aber eine Wärmeflasche mit in den Schlafsack. Das Wasser dazu nehme ich aus dem Gewässer und erhitze es mit meinem Gaskocher.
Auch im Schlafsack solltest Du nicht zu wenig anziehen. Bekommst Du nachts einen Biss und musst bei null Grad im eisigen Wind drillen, bist Du froh um warme Kleidung.
Neben der Kälte kann auch die lange Dunkelheit auf die Motivation drücken. Wenn nichts beisst, kann es schnell langweilig werden. Ich verbringe die Zeit mit Lesen. Eine gute Kopflampe ist Pflicht.
In der Schweiz ist das Anfüttern von Fischen nicht eindeutig geregelt. So ist im Bundesgesetz zur Fischerei nichts über das Anfüttern zu lesen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte bei der kantonalen Verwaltung nachfragen. Man kann sich nicht auf die Faustregel «Erlaubt ist, was nicht verboten ist» berufen. Vielmehr ist nur erlaubt, was ausdrücklich erlaubt ist. Wer im kleinstmöglichen Rahmen anfüttert, sollte in der Regel keine Probleme bekommen. Dazu gehört das Fischen mit Futterkorb «Feedern» oder das manuelle Ausbringen von ein, zwei Handvoll Lockfutter. Übermässiges Anfüttern könnte jedoch als widerrechtliche Wildtierfütterung oder unerlaubtes Einbringen von Fremdstoffen in ein Gewässer ausgelegt werden.
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