28 | 09 | 2021 | Schweiz | Praxis | Video | 2 | 14745 |
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Mit Hardbaits am Engstlensee
Die Bergseefischerei mit harten Kunstködern, sogenannten Hardbaits, ist verbreiteter als mit weichen Gummifischen. Ein klassischer Hardbait ist der Spinner, unter Spezialisten mit einer Elritze am System hintendran. Daneben wird auch seit Jahrzehnten der Löffel für weite Würfe eigesetzt. Aber es gibt neben den Klassikern auch weitere Hardbaits, die schöne Fänge ermöglichen. Welche das sind, stellt Dir Ivan Valetny in diesem Bericht vor.
Zuerst einige Worte zum Bergsee, an dem ich heute unterwegs bin: der Engstlensee. Er liegt im Kanton Bern am östlichen Zipfel des schönen Oberlands. Dieser recht klare Bergsee liegt auf 1850 m über Meer und misst gut einen Kilometer in der Länge und etwa einen halben in der Breite. Die tiefste Stelle misst knappe 50 Meter. Die Anfahrt kostet einige Franken an einer Barriere auf dem Weg zum See. Es können Ruderboote im Hotel Engstlenalp gemietet werden. Die Holzruder vom Boot muss man aber selbst vom Hotel 500 m zu einem der Ruderboote tragen, ungefähr so weit ist auch der Parkplatz vom See entfernt. Auf dem Parkplatz kann man im Auto übernachten. An Wochenenden sind es meistens einige Dutzend Wagen, die hier abgestellt werden, der Platz ist also begrenzt. Man kann auch ein feines Mittagessen im Hotelrestaurant mit schöner Bergsicht geniessen.
Besetzt wird der Engstlensee vorzugsweise mit Kanadischen Seesaiblingen in grossen Stückzahlen. Daneben hat es auch einige Saiblinge und wenige Regenbogenforellen. Der gängige Weg führt links dem Ufer entlang bis zu einer Felswand neben dem Haupteinlauf am Ende des Sees. Man kann den See zu Fuss nicht umrunden, aber am rechten Ufer entlang bis zum zweiten Einlauf in der Mitte der rechten Seite des Sees gehen. Besonders um die beiden Einläufe lohnt es sich, einige Würfe in verschiedenen Wassertiefen zu machen. Nun aber zu den Hardbaits und deren Einsatz.
Jucker
Der Jucker, Pilker, Zocker, Casting Jig oder wie man diesen bleiernen, lackierten Köder mit einem Drilling hintendran auch nennen mag, ist ein stark unterschätzter Köder an Schweizer Gewässern. Am Meer werden oft Casting Jigs geworfen, sinken gelassen und eingetwitcht. Für die Fischerei an Bergseen verwende ich am liebsten Modelle zwischen 10 bis 20 g. Aber auch kleinere von 5 g und grössere von 30 g bringen Fische, das Gerät muss einfach auf das jeweilige Ködergewicht abgestimmt sein. Für die 10- bis 20-g-Jucker verwende ich eine Spinnrute bis etwa 30?g Wurfgewicht, mit einer 0,12er geflochtenen Schnur. Danach ein 0,23- bis 0,25er-Fluorocarbon-Vorfach. Ich verwende auch einen Knotenlosverbinder für einen noch kleineren Tragkraftverlust. Ein 20-g-Bleijucker voll durchgezogen entwickelt enorme Fliehkräfte und beansprucht die Knoten stark. Kürzlich habe ich auch einen 20-g-Jucker aus Wolfram verwendet, welcher durch die grössere spezifische Dichte im Vergleich zu Blei noch mehr Fliehkräfte entwickelt. Wenn man mit einem Köder weit werfen will, dann am besten mit einem Jucker, noch besser aus Tungsten.
Ein weiterer Vorteil von Juckern, nebst den guten Wurfeigenschaften, ist die Möglichkeit, diesen Köder in der ganzen Wassersäule einzusetzen. Er sinkt schnell ab und man kann ihn vom Grund langsam hochtwitchen. Diesen Führungsstil bevorzuge ich am Bergsee. Kanadier und Saiblinge sind meistens in Grundnähe unterwegs. Ein Köder, der da runtersinkt, erregt schon Aufsehen. Wenn er danach verlockend vom Grund hochgetwitcht wird, weckt das den Jagdinstinkt dieser Fischarten und sie schnappen vehement zu. Man kann einen Jucker aber auch nur einige Meter runtersinken lassen und danach eintwitchen, beispielsweise um eher Regenbogenforellen anzusprechen oder wenn man merkt, dass die Fische nicht hart am Grund stehen.
Um einen Jucker zu animieren, halte ich die Rute seitwärts, aber auch manchmal leicht gegen oben, wenn ich eine Kante hochfische. Die Twitches sind eher etwas länger und langsamer; bis zu einem Meter bewege ich die Rutenspitze dann in mittlerer Geschwindigkeit hin und her. Ich kurble so schnell, dass ich gerade so den Jucker noch bewege. Weil er wenig Widerstand im Wasser hat, muss man feinfühlig führen, um den Köder nicht zu schnell oder zu langsam zu animieren. Wenn man immer leichten Kontakt zum Jucker hat, ist das ideal.
Mein Lieblingsjucker am Bergsee ist der Jugolo von Molix in 10 g, 15 g und 20 g Eigengewicht in natürlichen und weissen Tönen.
Der Lauf eines eingetwitchten Juckers ist leider nicht ideal, um unsere Salmoniden anzulocken, wenn sie auf eine aggressive und druckwellenbetonte Führung stehen. Dafür gibt es aber andere Köder wie einen Twitchbait Wobbler.
Twitchbaits
Twitchbaits sind eine Art von Wobbler mit einer recht kleinen und steilen Tauchschaufel. Wenn man sie nur einkurbelt, haben sie bei langsamer Führung kaum Eigenbewegung. Wenn man diese Art von Köder aber mit leichten Schlägen, den «Twitches», animiert, haben solche Wobbler ein sehr variables Laufverhalten. Durch die schlanke Minnowform lassen sich diese Köder auch etwas besser als gleichschwere bauchige Varianten werfen. Ich bevorzuge zusätzlich die sinkenden Twitchbaits. So kann man noch einige Meter weiter werfen und man bekommt die Möglichkeit, die ganze Wassersäule abzufischen. Das ist mit Suspendern oder gar schwimmenden Wobblern nicht möglich.
Leider sind die meisten sinkenden Twitchbaits nicht sehr schnell sinkend. So muss man nach dem Auswerfen bei einigen Metern Wassertiefe eine ganze Zeit lang warten. Auch sollte man diese Köder an offenem Rollenbügel sinken lassen, um einige Meter mehr an Twitch-Strecke zu bekommen. Aber die Warterei zahlt sich aus. Ein vom Grund hochgetwitchter Wobbler läuft sehr verführerisch und reizt die Salmoniden durch die starken Druckwellen und den auslandenden, flankenden Lauf, sich in ihm zu verbeissen.
Zum Twitchen halte ich die Rute seitwärts, leicht gegen unten. Ich kurble relativ schnell, weil die Twitches auch recht schnell sind, aber die Rutenspitze bewegt sich selten mehr als 30 cm pro Twitch. Ich versuche die Schnur in dem Tempo einzukurbeln, dass ich die Twitches gut ausgleichen kann. Der Wobbler wird also nur durch die Twitches nach vorne bewegt, mit der Rolle kurble ich bloss die lockere Schnur auf. Es braucht etwas Übung und eine auf den Wobbler abgestimmte Rute, um den Lauf gut zu spüren.
Mein Favorit für die Twitcherei am Bergsee ist der 70s und 80s Ryuki Spearhead von DUO. Diese sinkenden 7 cm und 8 cm langen Wobbler fliegen relativ gut für das Eigengewicht und laufen sehr verführerisch. Aber nicht alle Wobbler erzeugen starke Druckwellen.
Stickbaits
Ein sinkender Stickbait Wobbler ist meistens schön lackiert, hat eine flache Unterseite, damit er in einer Spinnpause um die eigene Achse nach unten flattert. Der dezente «Walk the dog»-Lauf muss geübt werden, aber auch ein langsames Twitchen führt zum Erfolg. Ein solcher Küstenwobbler eignet sich gut, um grosse Weiten zu erreichen und verschiedene Wassertiefen abzufischen. Auch bietet er den Salmoniden eine grössere Körpermasse als ein Jucker. Das gibt zwar einige Meter weniger Wurfweite, dafür reizt ein voluminöser Köder oft auch die grösseren Fische.
Für die «Walk the dog»-Führung kurble ich die Schnur langsam und gleichmässig ein. Dazu bewege ich die Rutenspitze seitwärts zur Schnur in gleichbleibendem Rhythmus ungefähr 30 cm vor und zurück. So fängt mit etwas Übung der Stickbait an, sich auslandend von links nach rechts zu bewegen.
Zum Twitchen eines Stickbaits mache ich weniger schnelle Twitches als bei einem Twitchbait, eher langsamere und etwas längere Twitches von bis zu 50 cm der Rutenspitze führen hier zum Erfolg. Auch hier halte ich die Spinnrute seitwärts, leicht gegen unten. Ich versuche aber immer, eine leichte Spannung zum Köder zu halten, um die Bisse zu bemerken. Dementsprechend kurble ich während dem Twitch nicht, aber bei Zurückgehen der Rutenspitze in Richtung Köder nach vorne umso mehr, um den Kontakt zum Köder zu halten und somit einen Biss zu bemerken.
Mein Lieblings-Stickbaitwobbler am Bergsee ist der Troutin Surger HS in 8 cm und 18 g Eigengewicht von Smith. Natürliche und glänzende Farbmuster funktionieren bei mir am besten.
Das sind meine Erfahrungen zu diesen interessanten und erfolgreichen Hardbaits beim Bergseefischen. Ich habe auch ein Video gedreht (siehe oben), wo ich Dich an den Engstlensee mitnehme und zeige, wie ich die Köder führe und einsetze. Natürlich mit einigen Drills und Fängen.
Hier gehts zum ersten Bergsee-Artikel von Ivan Valetny > Arnensee | Mit Gummi am Bergsee
2 Kommentare
Antworten an: Raph
28 | 05 | 2022 |
Hallo Raph.
Das kann an allen vier Gründen liegen welche Du aufgezählt hast.
War gestern dort, konnte auch nur einen Kanadier landen, dafür aber relativ ein kapitaler. Zu Deinem Trost, es hatte viele Leute welche fischten, umd so mancher ging mit leeren Händen nach hause, also mach Dir nichts draus.
Wurde am Morgen von der Fischereiaufsicht wie alle anwesenden kontrolliert. Da erfuhr ich das der See schon längers nicht mehr mit Fischen besatzt wurde, deshalb fängt man nicht so einfach, dafür eher grosse welche noch drinnen sind...
Wünsche Dir beim nächsten mal ein grosses Petri Heil.
Gruss
Raph
Und manchmal fängt man überhaupt nichts... Bin das nun ich, der Köder, das Wetter oder der Fisch?