12 | 04 | 2021 | Praxis | 1 | 6102 |
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Mit Katzen, Frotteetüchern und Elektrokabeln auf Fischfang
Um Fliegen zu binden, kann auch alltägliches oder ungewöhnliches Material verwendet werden, wie «Petri-Heil»-Mitarbeiter Martin Pütter schreibt.
Als «Petri-Heil»-Mitarbeiter Daniel Luther kürzlich den Tipp gab, Fliegen zu binden, um gesund zu bleiben, konnte ich ihm nur zustimmen. Denn mit dem Coronavirus in der Luft war und ist es ja ein Risiko, das eigene Heim zu verlassen. Also holte ich die Kiste hervor, in der ich mein ganzes Bindematerial aufbewahre. In Gedanken sah ich schon all die Muster vor mir, mit denen ich die Lücken füllen wollte, die letztes Jahr in meinen Fliegenschachteln entstanden waren.
Nun waren zu der Zeit bereits die Angelgeschäfte im Zuge der Corona-Massnahmen geschlossen, ob nun in Basel und Umgebung oder ennet der Grenzen in Frankreich oder Deutschland. Das liess mich aber kalt. Vor einigen Jahren hatte ich nämlich begonnen, vieles aus der Sicht eines Fliegenbinders anzuschauen.
Unerwartete Materialquellen
Mit Kupferdraht fing es an. In vielen Haushalten liegen sicher noch alte Elektrokabel unbenutzt herum. Kern dieser Kabel sind Kupferdrähte, ideal geeignet für die Rippung von Nymphen und Nassfliegen. Die feinen Drähte (meistens kupferfarben, manchmal silbrig) in einem halben Meter Kabel reichen wohl für mehrere Generationen.
Für goldfarbenen Draht habe ich eine «süffige» Quelle gefunden. Besonders aus Spanien kommen Rotweine, die in Flaschen mit einem grobmaschigen Drahtnetz drum herum gefüllt sind. Der grosse Vorteil dran: Wenn ich mit einer Zange von einem Netzknoten zum anderen kneife, hat das Drahtstück praktisch immer die richtige Länge für die Rippung einer Fliege. Und während ich die Fliegen binde, kann ich gleichzeitig auch noch ein Glas Rotwein geniessen.
Von Hund und Katze
Für weiteres Material waren meine Freunde verantwortlich, genauer gesagt deren Haustiere. Da war zum Beispiel Taiga, eine Golden Retriever-Hündin mit elfenbeinfarbenem Fell. Besonders im Frühling haarte sie immer besonders, wenn sie von Winter- auf Sommerfell umstellte. Eine schlichte Nymphe, beschwert mit Tungsten-Perle, mit Taigas Haar als Körper und gerippt mit silberfarbenem Draht, war und ist immer noch ein erfolgreiches Muster. Es gelang mir damit, die eine oder andere Forelle in tiefen Löchern in der Birs zu fangen. Erfolgreich war ich auch mit einer Nassfliege, mit grauer Rebhuhn-Hechel und Taigas Haar als Körper.
Nun habe ich auch Freunde, die vor Corona oft verreisten und mich jeweils baten, ihr Haus samt Katze namens Leuluai zu hüten. Für ein Streicheln mit einer speziellen Plastikbürste hielt sie mit ihrem oliv-grau getigertem Fell minutenlang wohlig schnurrend hin. Am Ende hatte ich jeweils wieder eine Handfläche voll Katzenhaar: perfekt für den Thorax bei vielen Fliegen.
Ideales aus dem Tumbler
Darunter ist etwa eine Nymphe, die ich Pink Tumbler (übersetzt: rosa Wäschetrockner) genannt habe. Der Name deutet die Herkunft des Materials an, welches ich neben Katzenhaar (Thorax) und Kupferdraht (Rippung) verwende. Bei Wäschetumblern sollte man ja nach jeder Verwendung den Filter reinigen. Dabei entdeckte ich, dass je nach getrockneter Wäsche im Filter ein weicher und feinfaseriger Flaum zurückblieb; die Farbtöne waren ebenfalls von der Wäsche abhängig. Für die Körper von Fliegen ein ideales Material. Um ganz sicher zu sein, dass ich nicht gleichzeitig gefrässiges Ungeziefer in meine Kiste mit Bindematerial brachte, steckte ich den Flaum in kleine verschliessbare Tütchen und legte ihn für 48 Stunden in den Tiefkühler – wirkt perfekt.
Und schliesslich: Wie viele andere Fliegenbinder versiegle ich den gewundenen Kopf einer Fliege mit einem Tropfen Lack. Statt jedoch (meist) teuren Lack aus dem Fachgeschäft hole ich mir den billigsten durchsichtigen Nagellack, den ein grosser Schweizer Detailhändler in seinen Supermärkten anbietet. Wenn ich dafür an der Kasse zahle, kriege ich immer noch komische Blicke des Personals. Aber daran habe ich mich schon lange gewöhnt.
Anita
Hallo Martin,
Ich habe sehr früh mit dem Fliegenfischen und auch mit dem Binden von eigenen Fliegen begonnen. Da mein Vater Angler ist, war ich seit ich laufen kann am Wasser mit dabei. Mit 12 Jahren fand ich auf einmal das Fliegenfischen interessant. Das war etwas völlig anderes und auch etwas „exotisches“, da dies bei uns im Verein eigentlich so gut wie keiner machte. Mein Vater hatte eine kleine Box mit Fliegen und die habe ich zuerst genutzt.
Als diese immer weniger wurden, fing ich mit dem Binden an. Wenn ich mich recht entsinne, habe ich mir bis zum heutigen Tag nicht eine Fliege gekauft. Der erste Fisch auf Fliege, eine ca. 25 cm große Bachforelle an einer Bachmündung der Weser, machte mich süchtig. Dieser unmittelbare Kontakt mit dem Fisch war einfach faszinierend.
LG, Anita