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Norwegen: Fischereiverbot für Sportfischer statt Reduktion der Lachsfarmen
Die norwegische Umweltbehörde beschloss in der vergangenen Lachssaison kurzfristig, 33 der wichtigsten Lachsflüsse ab dem 23. Juni 2024 zu schliessen. Sie enttäuschte damit tausende Sportfischer aus aller Welt und richtete mit dieser Entscheidung einen Schaden in mehrstelligem Millionenbereich an. Manfred Raguse ist der Meinung, dass sich ein generelles Fischereiverbot für die Wildlachse selbst negativ auswirkt und kämpft dafür, dass man bei den schädlichen Lachsfarmen ansetzt.
Im Juli, etwa in der Mitte der Saison, erfolgt in Norwegen alljährlich eine Beurteilung der Gesamtsituation an den einzelnen Flüssen, die sicherstellen soll, dass genügend Laichfische im Fluss sind. Dies ist ein zuverlässiges Verfahren, welches den lokalen Fischereiverwaltungen die Möglichkeit gibt, Restriktionen noch rechtzeitig einzuführen, falls die Gefahr besteht, dass der Laichfischbestand nicht gross genug ist. Es gibt auch die Möglichkeit, lokal schon früher neue Restriktionen einzuführen, wie es beispielsweise im Juni an der Orkla gemacht bzw. für andere Flüsse gefordert wurde. Leider handelte das Umweltdirektorat mit seiner unverständlichen Entscheidung für ein generelles Fischereiverbot vorschnell und über die Köpfe der lokalen Fischereiverwaltungen hinweg. Aufgrund zahlreicher Proteste und neuerer Erkenntnisse wurde das ursprüngliche Verbot ab 11. Juli 2024 für 16 der betroffenen Flüsse zurückgenommen.
Wichtige Funktion der Sportfischerei
Es wäre problemlos möglich gewesen, die Entnahmen zu begrenzen, ohne die Fischerei an den betroffenen Flüssen vollständig einzustellen. Insbesondere im Hinblick auf die Überwachung und den Fang von entflohenen Zuchtfischen ist das Fischereiverbot sogar direkt schädlich. Die Angler hätten auch eine besonders wichtige Funktion, da kürzlich 18?000, teilweise an der Krankheit BKD erkrankte, grosse Zuchtlachse aus einer Lachsfarm (Lerøy) ausgebrochen sind und sich anschicken, mit den Wildlachsen im Herbst zu laichen. Dies führt zur Verunreinigung der Gene der Wildlachse und dem Verlust der sich über Jahrtausende der Evolution gebildeten wertvollen Erbeigenschaften wie u. a. dem Homing-Instinkt, der es ihnen ermöglicht, nach ihren tausende Kilometer umfassenden Nahrungswanderungen im Nordatlantik wieder in ihren Heimatfluss zurückzufinden.
Alarmierende Wildlachszahlen
Nach einer guten Saison 2022 in den Flüssen, die in den Trondheims Fjord münden, war der Aufstieg in 2023 deutlich schlechter und in den ersten drei Wochen der Saison 2024 war der Aufstieg extrem schlecht. An der Gaula wurden vom 1. – 22. Juni 2024 insgesamt nur 598 Fische mit einem Gesamtgewicht von 3805 kg und einem Durchschnittsgewicht von 6,4 kg gefangen. In anderen Flüssen sah es teilweise noch schlechter aus. Die norwegischen Wildlachsbestände haben sich im Laufe der letzten vier Jahrzehnte halbiert und die Situation ist ernst.
Schädliche Aquakulturindustrie
Die Hauptgründe dafür sind vom norwegischen Wissenschaftlichen Rat für Lachsverwaltung seit Jahren eindeutig nachgewiesen. Es ist die Aquakulturindustrie, die die Wildlachse vernichtet, nicht die Flussfischerei. Diese finanziell extrem starke Industrie ist die zweitgrösste Norwegens und beeinflusst die norwegische Gesellschaft in den meisten Bereichen. Die norwegische Politik und die verantwortlichen staatlichen Institutionen haben bisher keinen ausreichenden Schutz der auswandernden Wildlachssmolts gegen die tödlichen Meerläuse durchgesetzt, die alljährlich ca. 30?% vom Wildlachsnachwuchs töten. Obwohl die wissenschaftlichen Fakten seit Jahrzehnten nachweisen, dass die alljährlich zahlreich aus den offenen Netzkäfigen flüchtenden Farmlachse die Gene der Wildlachse verunreinigen, noch immer keine ausreichenden Schutzmassnahmen eingeführt worden.
Die für den schlechten Zustand der Wildlachsbestände verantwortliche Farmlachsindustrie wird nicht zur Verantwortung gezogen. Der Umfang der Farmlachsproduktion hat ein Ausmass erreicht, welches den Schutz der Wildlachsbestände unmöglich macht. Anstatt in diesen Bereichen nach Jahrzehnten der Untätigkeit endlich für einen effektiven Schutz der Wildlachse zu sorgen, beschliesst die Umweltbehörde ein Fischereiverbot für Angler. Der Zeitpunkt der Einführung des Fischereistopps fand zeitgleich mit der Auktion neuer Produktionskonzessionen für Farmlachse für insgesamt 5,4 Milliarden NOK (rund CHF 420 Millionen) statt. Norwegens Plan ist, die Farmlachsproduktion innerhalb der nächsten Jahre zu verfünffachen. Es ist wichtig, dass die norwegische Regierung einsieht, dass Produktionssteigerungen dieser Grössenordnung nicht durchzuführen sind, ohne die Wildlachse zu opfern.
Die Zeit ist reif, die Lachsproduktion zumindest in geschlossene Systeme, aber noch viel besser an Land zu verlegen. Die norwegische Politik und ihre ausführenden Organe sollten endlich die notwendigen Schritte zum Schutz der Wildlachse durchsetzen und aufhören, die seit Jahrzehnten von der Farmlachsindustrie verbreiteten Märchen aller Art zu akzeptieren. Deren Akzeptanz durch die staatlichen Institutionen ist inzwischen nicht mehr glaubwürdig und die Zweifel an der norwegischen Politik und Ihren ausführenden Organen wachsen. Die Konsumenten sollten auf den Verzehr von Farmlachsen verzichten, bis sie sicher sein können, dass diese in einer nachhaltigen landbasierten Zucht oder zumindest in geschlossenen Systemen erzeugt wurden.
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