17 | 02 | 2020 | Reisen | 2 | 9404 |
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Portugal – Entspannt vom Strand
Weite Sandstrände, Wellen und steile Klippen – das ist die Algarve. Und Fische gibt es auch, aber leicht zu fangen sind sie nicht. Carsten Arbeiter war letzten Sommer dort und zeigt, wie man neben Sonnenbaden ohne viel Aufwand zu ein paar schönen Fischen kommt.
Für mich gibt es nur Angelurlaube und Urlaube mit Angel. Der Unterschied? Beim Angelurlaub dreht sich alles nur um die Fische: Man geht mit anderen Besessenen dann, wenn es am besten beisst (zumindest theoretisch), und das Gepäck besteht vor allem aus Angelutensilien. Urlaube mit Angel sind dagegen Familienunternehmungen, bei denen auch ein (oder zwei) Rütchen und ein Köfferchen mit Angelkram mit dabei sind.
Da die Frauen der Familie es gern warm haben, geht es bei uns meistens in den Süden. Letztes Jahr fuhren wir nach Portugal, immerhin. Atlantik ist besser als Mittelmeer, hoffte ich. Vor dreissig Jahren war ich schon einmal in der Algarve gewesen, in Carrapateira. Ich wohnte bei einem alten Franzosen, der sich dort zur Ruhe gesetzt hatte und seinen Lebensabend mit Fischen verbrachte. Mann, haben wir gefangen! Wolfsbarsche, Doraden, Makrelen ... Mir war schon klar, dass 2019 nicht 1989 ist, dass die Überfischung der Meere auch vor Portugal nicht Halt gemacht haben würde, aber vielleicht ging ja doch ein bisschen was.
Strand statt Klippen
Wir hatten ein Ferienhaus bei Aljezur. Gleich nach der Ankunft wollten wir das Meer sehen. Nach drei Minuten Autofahrt waren wir dort, oder besser gesagt an der Steilküste. Das war schon vor dreissig Jahren das grosse Problem an der Westküste der Algarve gewesen: von den Klippen hinunter ans Meer zu kommen. Wie eine Wand fallen sie tief ab. Manche Portugiesen lösen das Problem, indem sie von den Klippen – dreissig oder vierzig Meter überm Meer – fischen. Meinem Sohn und mir war das zu gruselig, auch wenn wir Fallschirme dabeigehabt hätten. Dann lieber entspannt vom Strand, dachten wir, und einen solchen entdeckten wir auch bald: Tief unten, vielleicht einen Kilometer breit, und insgesamt waren nicht mehr als fünf Menschen zu entdecken. Da wollten wir alle hin. Nur fanden wir den Weg nicht hinunter: Jeder Pfad, den wir probierten, endete an einem Abgrund. Aber es waren doch Leute unten! Zum Glück trafen wir eine deutsche Familie, die gerade einen schmalen Felspfad heraufkam. Yes!
Dieser Strand, er war wirklich traumhaft, wurde unser Zuhause für die nächsten zehn Tage. Und neben Schwimmbrettern, Badeutensilien, Zwischenverpflegung und Sonnenschirmen schleppten wir jedes Mal auch unsere Ruten mit hinab. Das war ein gut halbstündiger Weg, aber dafür hatten wir den Strand fast für uns. Gleich am ersten Tag lernten wir, welches Potenzial Portugal als Angelrevier hat. Es war ablaufendes Wasser, schon fast Ebbe, und an einer Stelle, wo viele Felsen im Wasser lagen, konnten wir einige Bluefish und zwei Wolfsbarsche in der Drei- bis Vierkiloklasse ausmachen. Wahnsinn! Suchend schwammen sie die Felsen entlang, in knapp metertiefem Wasser, offensichtlich auf der Jagd. Mit zitternden Fingern knüpften wir Gummifische an die Ruten … Ja, sie waren noch da, aber würdigten unsere Gummis keines Blickes. Absolut arrogante Räuber: Sie schwammen nicht einmal weg, wenn die Gummis neben ihnen durchs Wasser hüpften, sondern zogen einfach weiter, als wären unsere Köder gar nicht da!
Einen Strand suchen. Je einsamer er ist, umso besser ist das Fischen. Einsam sind Strände, die schwer zugänglich sind und/oder zu denen man weit laufen muss. Aber der Aufwand lohnt sich! Den Strand beobachten. Von den Klippen aus lässt sich gut ein erster Eindruck gewinnen: Wo gibt es Felsen im Wasser, wo kleine Riffe, wo Kleinfischschwärme und auffällige Tiefenunterschiede? Das Revier erkunden. Am besten den Strand erst mal bei Niedrigwasser mit der Polbrille und der Spinnrute erkunden. Wir fingen meistens an den selben Plätzen. Verschiedene Zeiten ausprobieren. Am besten war bei uns ablaufendes Wasser. Merkt Euch die Beisszeiten. Die Wölfe wie die Meeräschen trafen immer beim selben Wasserstand ein.
Auf Wolfsbarsch
In den nächsten Tagen fokussierten wir uns auf das Spinnfischen. Klar, angesichts dieser beeindruckenden Brocken! Ausserdem wollten wir das Revier erkunden. Aber erst einmal mussten wir Lehrgeld bezahlen. Es galt, die beste Zeit und die besten Köder herauszufinden. Die beste Zeit waren – für alle Fischarten – die drei Stunden vor und nach der Ebbe. Denn bei Flut waren Strömung und Wellen viel zu stark, ausserdem waren die besten Bereiche dann überflutet. Am besten fingen wir dort, wo Felsen im Wasser lagen. Und eher im Flachen als im Tiefen: Unsere Wolfsbarsche bissen in ein bis zwei Meter tiefem Wasser. Wir probierten Löffel, Blinker, Wobbler, kleine Pilker und Gummifische. Bisse bekamen wir nur auf letztere, und zwar auf eher kleine, schlanke zwischen acht und zehn Zentimetern mit natürlichen Farben an Bleiköpfen zwischen 7 und 12 Gramm, je nach Strömung. Motto: So leicht wie möglich. Ein natürliches Spiel schien den Wölfen wichtig zu sein. Frühmorgens und spätabends könnte grösser und bunter gut sein, aber wir gingen ja nur zu familienfreundlichen Zeiten an den Strand. Wir fischten mit (etwas zu starken) Ruten mit 80 Gramm Wurfgewicht und 18er-Geflochtenen. Gleich nach dem Einwurf begannen wir zügig einzukurbeln und machten ab und zu einen kurzen Spinnstopp. Es war wichtig, den Köder dicht unter der Oberfläche zu führen. So fingen wir einige Wolfsbarsche bis etwa 40 Zentimeter. Okay, nix Kapitales, aber für einen Urlaub mit Angel nicht schlecht. Und geschmeckt haben die!
Die grossen Wolfsbarsche und Bluefish sahen wir auch in den nächsten Tagen, aber das war eine Nummer zu gross für uns. Bei dem klaren Wasser und der hellen Sonne waren unsere Köder für die eine Lachnummer. Naja. Einen Hammerbiss hatte ich allerdings; der Fisch zog gleich Schnur ab wie ein Schnellboot, aber dann schlitzte der Haken aus.
Meeräschen auf Sicht
Fast noch aufregender war das Fischen auf Meeräschen. Wir entdeckten einen Strandabschnitt, an dem es bei Niedrigwasser vor Meeräschen nur so wimmelte. Alles Fische zwischen einem und drei Pfund. Aber Meeräschen sehen und fangen sind zweierlei, zumal im Flachwasser, das hatten wir ja schon bei den dicken Wölfen und Blues gelernt, und das richtige Gerät (Matchruten um die 350 cm mit 20er-Mono wären ideal) hatten wir auch nicht dabei. Aber Not macht erfinderisch. Von den mitgebrachten Miniwobblern fummelten wir die kleinen Drillinge von den Sprengringen, knüpften sie an ein 25er-Nylonvorfach und bestückten den Haken mit einem Stück Baguette. Das Problem: Weit werfen lässt sich die Montage nicht. Die Herausforderung war, das Brotstück zu den Fischen zu bekommen. Also suchten wir uns eine Stelle, an der viele Fische waren, wateten soweit es ging hinaus und erstarrten wie Reiher. Ab und zu warfen wir unauffällig ein paar Brotstücke aufs Wasser, liessen sie treiben und warteten, bis die Fische Interesse zeigten. Irgendwann taten sie das, man musste nur Geduld haben. Dann ein dezenter Wurf … Das Baguette treibt … Die Meeräsche kommt, guckt, schwimmt weg, kommt wieder, guckt, öffnet die dicken Lippen – Zack! Und der Tanz geht los.
Meeräschen sind absolut unterschätzte Fische, vom Kampf her ist ein Wolfsbarsch dagegen ein Waschlappen. Und clever sind die Biester: Nach einem Fisch war immer erst mal Schluss an der Stelle. Aber dann fand ich in meinem Köfferchen zwei Schwimmer. Bleischrot hatten wir auch, das befestigten wir direkt ober- und unterhalb des Schwimmers. So konnten wir unsere Brotstücke weiter werfen. Mittlerweile hatte ich mir im Supermarkt auch Paniermehl und Sardinendosen besorgt. Mit Wasser vermengt ergibt das einen stinkigen Futterbrei – die Meeräschen stehen darauf! Noch besser als die Brotkruste an der Oberfläche anzubieten war es übrigens, eine Brotflocke oder ein Stück Sardinenteig gaaanz langsam am Schwimmer zu schleppen: Man wirft in die Nähe, wo die Fische stehen, und kurbelt ein. Dieses Pirschfischen war Aufregung pur: Zuzusehen, wie die Meeräschen näherkommen und zuschnappen … Einmal verfolgte übrigens ein grosser Wolfsbarsch den Teig, drehte dann aber ab. Den Teig habe ich immer so geknetet, dass er leicht rotiert – was die Meeräschen sehr interessant fanden.
So haben wir unseren Strand Stück für Stück kennengelernt. Die Erfolge waren nicht gewaltig, aber ehrlich erarbeitet. Und es war so herrlich unkompliziert: Man badet und sonnt sich, und wenn die beste Zeit kommt, schwingt man ein Stündchen das Rütchen. Urlaub mit Angel eben. Die Einheimischen haben übrigens meistens mit Grundruten auf Meerbrassen und Doraden gefischt und auch ein paar schöne Fische gefangen. Wir haben es auch ein paar Mal probiert, aber uns war das auf die Dauer zu monoton. Das nächste Mal werde ich einmal frühmorgens oder spätabends mit der Spinnrute losziehen. Vielleicht kriege ich dann einen von den Grossen an die Schnur!
Gerät zum Strandfischen
Für Wolfsbarsche: Spinnruten um die 270 cm mit einem Wurfgewicht zwischen 40 und 80 Gramm. Kleine, schlanke Gummifische zwischen acht und zehn Zentimeter (für trübe Tage auch noch ein paar grössere einpacken) und in gedeckten Farben (Silber, Weiss, Blau). Bleiköpfe zwischen 7 und 15 Gramm.
Für Meeräschen: Matchruten um die 350 cm. 20er-Monofil. Fürs Schwimmbrotfischen kleine Drillinge. Fürs Zapfenfischen am besten durchsichtige Avon-Schwimmer um die drei Gramm, Bleischrot nah am Zapfen befestigen, Einzelhaken Grösse 8 bis 12. Eine Polbrille ist unverzichtbar.
Wichtig: In Portugal benötigt man eine Angellizenz fürs Meer. Bei der Touristeninformation im Urlaubsort lässt sich in Erfahrung bringen, wo man diese erhält.
2 Kommentare
Antworten an: Elisabeth
Markus | 18 | 03 | 2022 |
Hallo
Genau danach bin ich auf der Suche, möchte meinen sohn mit einer Angelreise überraschen. Würden Sie mir den Namen des Strandes nennen und evt auch von der Unterkunft.
Ganz lieben Dank das Sie Ihre Erlebnisse teilen.
Markus Morof
Elisabeth
Tolle Beschreibung. Ich habe es meinem Mann, dem Angler, gezeigt und er ist begeistert. Evtl. fahren wir Mitte Oktober nach Portugal und dann werden die Tipps umgesetzt. Danke.