09 | 09 | 2019 | Schweiz | 0 | 9717 |
09 | 09 | 2019 | Schweiz |
0 9717 |
Sommer am See
Von Juli bis September hat man den Bodensee selten für sich. Boote, Kanuten, Paddler und Schwimmer bevölkern das Wasser. Doch die Fische stört das nicht. Auf Egli, Hecht und Alet kann man jetzt eine gute Fischerei erleben. Und wenn es dämmert, sind fette Aale und Karpfen unterwegs.
Das Tollste an meinem Hauswasser ist seine Vielseitigkeit. Stehen bei mir im Winter Felchen und Seeforellen und im Frühling dann die Hechte im Vordergrund, dreht sich im Sommer fast alles um die Egli (wir «Düütsche» am Bodensee nennen sie Kretzer). Die sind jetzt richtig drall und rund; der Tisch im warmen See ist für sie überreich gedeckt. Die Wasserpflanzen im Uferbereich wimmeln von Bachflohkrebsen und Fischbrut, was bedeutet, dass man die Egli im Flachwasser mit ultraleichtem Gerät befischen kann.
Egli im Flachwasser
Gute Sommerreviere am Obersee sind der Konstanzer Trichter und der Seerhein. Am Untersee lohnt ein Versuch in der Flachwasserzone am Westufer der Reichenau. Generell sind krautreiche Bereiche mit leichter Strömung zu empfehlen. Auch Bootsstege und Hafenanlagen sind immer einen Versuch wert. Ich fische meist an krautreichen Stellen in anderthalb bis fünf Metern Tiefe. Klar, die Egli sind auch im Freiwasser unterwegs, aber da kann ich sie mit meinen Lieblingsmethoden nicht so gut befischen.
Meist angle ich mit leichten Jigköpfen (3-7 Gramm) oder dem Carolina-Rig. Als Rute verwende ich etwa 1,80?m kurze, ultraleiche Modelle (wie z. B. die Gamakatsu Areatry mit einer für meinen Geschmack herrlich parabolischen Aktion) in Wurfgewichten zwischen 7 und 10 Gramm: Damit spürt man auch die feinsten Bisse, und ein 25er-Egli kommt einem vor wie ein Zweipfünder. Eine aufregende Sache ist das! Eine 0,10er-Geflochtene mit einem 0,18er-Nylonvorfach reicht. Die meisten Egli sind im Bodensee 15 bis 20?cm gross, ein Fisch mit 25?cm ist gut, ein Rehlig über 30?cm etwas ganz Besonderes.
Als Köder verwende ich am liebsten kleine Twister (gern auch mit Doppelschwanz) oder Mini-Gummifische oder -würmer in bräunlichen und grünen Farben («Motoroil» oder «Green Pumpkin» sind meine Favoriten) in Grössen von 5 bis 8?cm. Kleiner ist oft besser, gerade auch für die grösseren Egli. Aber es empfiehlt sich, mit Köderform, -farbe und -grösse ständig zu experimentieren. Die verwöhnten Stachelritter ändern ihre Vorlieben im Sommer oft stündlich, und manchmal ist ein greller Gummi in «Firetiger» oder «Glitzer-Pink» der Knaller.
Sensibel mit dem Carolina-Rig
Am liebsten fische ich mit dem Carolina-Rig. Da ich überwiegend im Flachwasser fische, reichen Bleie in 3 bis 10?Gramm meist aus. Benutzt man Offset-Haken (je nach Gummi verwende ich Grösse 4 bis 8; gut ist der Gamakatsu Worm 330) und montiert den Gummiwurm entsprechend, lässt sich das Rig auch vorsichtig durch Wasserpflanzenwälder führen. Nicht selten stehen da die Dicken. Wem das zu hängerträchtig ist, der kann sich freie Stellen oder Rinnen inmitten von Krautfeldern suchen. Bei der Führung gilt: Langsamer ist oft besser. Meist erfolgt der Biss, wenn das Blei auf Grund liegt und der Gummiköder langsam zum Grund trudelt oder dort aufliegt. Deshalb lasse ich den Köder nach drei bis vier Kurbelumdrehungen immer ein paar Sekunden liegen. Und wenn es beisst: Nicht zu schnell und zu fest anschlagen! Meist kurble ich einfach weiter, wenn es zupft. Da die Egli beim Aufnehmen eines ruhenden, unbeschwerten Köders keinen Widerstand spüren, spucken sie ihn nicht gleich wieder aus. Entscheidend für den Fangerfolg ist auch die Vorfachlänge. Sind die Fische aggressiv, reichen oft 20 bis 30 cm. Bei skeptischen und grösseren Egli verlängere ich dieses auf 50 bis 100 cm. Und wenns dann rupft und ruckt und sich so ein feister grüner Tiger kräftig wehrt – das ist einfach nur toll!
Fette Alet an den Häfen
Wer frühmorgens oder abends mit der Polbrille an Stegen oder Hafenanlagen ins Wasser späht, wird immer wieder Trupps von grossen Alet entdecken. Im Seerhein sind grössere Rückströmungen in der Nähe von krautreichem, tiefem Wasser interessant. Die schlauen Fische sind mit allen Wassern gewaschen und eine echte Herausforderung! Nach einer Eglipirsch versuche ich es gerne noch einmal ein Stündchen auf diese silbernen U-Boote. Ich verwende dieselbe ultraleichte Rute wie fürs Eglifischen, als Köder nehme ich kleine Schwimm-Wobbler zwischen 5 und 10 cm im Egli- oder Weissfisch-Dekor, die ich schnell führe. Die Bisse kommen knallhart und in den ersten Sekunden sind die Alet fast so wild wie Forellen! Mit Fischen bis 60 cm ist immer zu rechnen. Wenn ich keine entdecke, fische ich erfolgversprechende Stellen blind mit ein paar Würfen ab – mehr Zeit lohnt nicht, denn die schlauen Gesellen haben den Braten schnell gerochen. Apropos Braten: Als Fischburger sind Alet auch kulinarisch nicht zu verachten!
Leicht auf Hecht
Die meisten Hechtspezis ziehen im Sommer mit schwerem Schleppgerät weit draussen im Freiwasser ihre Bahnen. Sie fangen die richtig grossen Sommerkrokodile. Aber mir ist das lange Schleppen zu monoton; ich fische lieber mit leichtem Spinngerät oder mit der Fliegenrute im Flachwasser auf die Halbstarken.
Stehen auch die grossen Hechte im Frühling häufig sehr flach, ziehen sie sich Ende Juni bei Wassertemperaturen ab 18 Grad in tieferes Wasser zurück. Gerade die kleineren zwischen 50 und 70?cm stehen aber meist nahe der Halde und kommen morgens und abends zum Rauben auch ins flachere Wasser. Mit einer leichten Hechtrute um 40 Gramm Wurfgewicht, einer 14er-Geflochtenen, Jigköpfen zwischen 10 und 20 Gramm und Gummifischen zwischen 10 und 15?cm lohnt es sich dann, die Halde abzuklopfen. Am Obersee sind für die sommerliche Hechtpirsch der Konstanzer Trichter und der Seerhein gute Reviere, im Untersee empfehlen sich die Kante entlang des Südufers der Reichenau sowie die Flachwasserzone an der Westseite der Insel. Vor allem am Untersee ist es hilfreich, erst mit dem Echolot die Kante nach Kleinfischschwärmen abzusuchen und dann gezielt diese Stellen zu befischen.
Wenn der See Ende August und im September wieder abkühlt, kommen die Hechte ins Flachwasser. Dann lassen sie sich prima mit der Fliegenrute überlisten. Ich verwende eine 8er-Rute und – je nachdem, wie flach sie stehen – entweder eine Teeny-Line mit 200 grains oder eine Intermediate Schnur. Bei der Köderwahl muss man variieren: Manchmal stehen die Hechte auf grosse, buschige Streamer, manchmal bevorzugen sie kleinere Modelle. Einer meiner Lieblingsfliegen ist der Clouser Deep Minnow: Die Zickzack-Bewegungen, die der Clouser aufgrund der schweren Bleiaugen macht, reizen die Hechte oft besonders. Auch wenn man auf diese Weise nicht die grössten fängt: Diese Fischerei ist kurzweilig und spannend, weil man sehr oft die Bisse sieht ... Oder zumindest, wie der Hecht kurz vor dem Boot wieder abdreht.
Nachts auf Aal und Karpfen
Eigentlich bin ich nicht so der Ansitzangler, aber zwei, drei Mal im Sommer gehe ich auch auf Aal oder Karpfen raus. Im Konstanzer Trichter suche ich mir freie Stellen mit leichter Strömung in der Nähe von Krautfeldern mit Tiefen zwischen drei und fünf Metern. Ich verankere das Boot mit je einem Anker an Heck und Bug, damit es stabil wird. Auf Aal fische ich am liebsten mit Leuchtschwimmern um die 8 Gramm und ein bis zwei Tauwürmern am 2er-Haken. Grundmontagen sind sicher genauso erfolgreich, ich liebe es aber, wenn plötzlich das Knicklicht auf Tauchstation geht. Zwar sind die Aale nicht mehr so zahlreich wie früher – im Sommer 2018 starben viele an einer Virusinfektion – aber mit zwei, drei Schlänglern in einer guten Nacht darf man trotzdem rechnen. Und viele sind jenseits der 70?cm. Ein 90er-Aal ist am Bodensee nichts Aussergewöhnliches, weshalb ich nie unter 0,40er-Vorfachschnur gehe. Und die Chancen auf einen Wels werden bei uns immer besser – aber das ist ein anderes Kapitel.
Beim Karpfenangeln wähle ich dieselben Stellen wie auf Aal und verwende ebenso zwei Anker. Allerdings lege ich hier zwei Grundruten mit Mais auf Grund. Ich fädle etwa 10 Maiskörner auf einen 2er-Haken und das Vorfach, werfe aus – und warte. Vor dem Fischen wird kräftig mit Mais angefüttert – je mehr Tage im Voraus man füttert, umso grösser sind natürlich die Erfolgsaussichten. Die Fische wiegen meist zwischen vier und acht Kilo, jedes Jahr werden aber Fische von über 12 Kilo gefangen. Für Karpfenprofis, da bin ich mir sicher, gibt es hier einiges zu entdecken. Wie auf Aal ist die Dämmerung bis Mitternacht die beste Zeit.
Chancen für Uferangler
Wer ein Boot oder Kajak hat, ist am Bodensee klar im Vorteil. Aber auch für Uferangler gibt es Möglichkeiten. Aal- und Karpfenfischern würde ich das Ufer in der Nähe des Konstanzer Jachthafens empfehlen. Allerdings nur in den sehr frühen Morgen- und sehr späten Abendstunden, wenn die Badegäste, Spaziergänger und Paddler zu Hause sind. Auf Alet kann man es mit der Wobblerrute entlang der Konstanzer Seestrasse zwischen Alter Rheinbrücke und Jachthafen sowie im Stadtgarten versuchen. Gute Chancen auf Kretzer hat man im Konstanzer Herosé-Park und an der Ufer-Promenade (flussab gesehen das rechte Ufer) bis zur Neuen Rheinbrücke. Hier lohnt sich auch ein Versuch mit der Gummifischrute auf Hecht. Allerdings kann man nur frühmorgens fischen, sonst hat man wegen der Badegäste und abendlichen Flanierern keine ruhige Minute.
Tja, jetzt wünsche ich Dir viel Erfolg! Vielleicht sehen wir uns ja mal beim Sommerfischen auf dem See. Eine Bitte noch zum Schluss: Übertreibe es nicht, wenn es mal richtig gut läuft! Manchmal treffe ich Angler, die drei und mehr Hechte oder Alet mit nach Hause nehmen. Muss das sein? Auch im Bodensee sind die Ressourcen endlich. Ob wir auch zukünftig eine gute Fischerei erleben, hängt davon ab, dass jeder von uns bescheiden bleibt.
0 Kommentare
Keine Kommentare (Kommentare erscheinen erst nach unserer Freigabe)