05 | 12 | 2022 | Reisen | 2 | 5434 |
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Türkei | Abenteuerliche Suche nach der Abant-Forelle
Für das lange Wochenende um Auffahrt lassen sich drei Freunde auf ein Abenteuer ein und wollen eine besondere und in Europa kaum bekannte Forelle fangen: die Abant-Forelle in der Türkei!
Die Idee kam uns durch eine Instagram-Publikation, die mein Freund Morgan mir geschickt hatte, weil er diese Forelle für atypisch hielt und wir beide bekennende Forellenliebhaber sind. Das Maul ist etwas kleiner als bei einer Bachforelle, der ganze Körper ist mit grossen schwarzen Flecken übersät, die Farbe ist hell silbrig und die Schwanzflosse rötlich und leicht durchsichtig, kurzum: ein prächtiger Fisch. Er kommt nur in Seen vor, ist keine Unterart der Fario, sondern seit 2018 eine eigene Art (Salmo Abanticus) und verdankt seinen Namen dem See, aus dem er stammt: dem Abant-See in der Türkei, in der Nähe von Bolü, auf halbem Weg zwischen Istanbul und Ankara.
Wir durchforsten soziale Netzwerke nach Spots, Informationen, Techniken, Rekordgrössen und allem, was uns helfen könnte, unser Ziel zu erreichen. Schliesslich finden wir vier Seen mit den genauen Spots, an denen die Fische gefangen werden, und legen einen viertägigen Rundkurs fest. Dann schlagen wir unserem Freund Yannick vor, sich dem Trip anzuschliessen, und besorgen die Flugtickets, buchen den Mietwagen und beginnen mit den Reisevorbereitungen!
Enttäuschender erster Tag
Es ist soweit, wir sind da! Freitagmorgen, bei Tagesanbruch am ersten See. Wir bauen schnell unsere Ruten zusammen, montieren die ersten Köder und los gehts! Wie immer, wenn man an einen unbekannten Ort kommt, muss man klug suchen! Einer versucht es mit einem Softbait, der zweite mit einem Wobbler und der dritte mit einem Löffel. Wir sehen bald einmal Barben an den Rändern, die anscheinend laichen und nichts von uns wissen wollen. Nachdem wir mehr als die Hälfte des Sees abgesucht haben, ohne einen einzigen Treffer zu landen, abgesehen von zwei Karauschen, deren Augen grösser als ihr Bauch waren, wechseln wir zum gegenüberliegenden Ufer, das tiefer zu sein scheint.
Hier fischen wir zwischen versunkenen Bäumen und als mein Softbait weniger als zehn Meter von mir entfernt im offenen Wasser ankommt, folgt ein gewaltiger Biss. Ich schlage sofort an ... ins Leere! Die erste Abant-Forelle? Enttäuscht und motiviert zugleich fischen wir das ganze Ufer ab. Leider kommt kein weiterer Biss mehr.
Also auf zum nächsten See! Dieser liegt etwas abgelegener in den Bergen, mehr als drei Stunden entfernt am Ende einer endlosen Strasse. Wir fahren fast eine Stunde lang mit 15 km/h auf dieser Piste bergauf, und gerade als das GPS anzeigt, dass wir weniger als 100 m vom See entfernt sind, kommen wir an eine geschlossene Schranke, die wie ein Grenzposten aussieht, dahinter ein Wohnhaus, an dessen Wand eine Schrotflinte. Auf Schildern mit Logos steht Camping verboten, Feuer verboten und Pistolen verboten, was wir etwas seltsam finden. Ein Mann kommt auf uns zu und fragt uns in gebrochenem Englisch, was wir hier wollen. Wir antworten, dass wir zum Fischen hier seien, woraufhin er uns mitteilt, dass die Angelsaison hier beendet sei und erst in einem oder zwei Jahren wieder eröffnet werde. Wir versuchen zu verstehen warum, aber der Mann ist nicht gesprächig. Wir sind also gezwungen umzukehren, verärgert wegen der verlorenen Zeit und der seltsamen Zurückweisung.
Am Abant-See
Wir fahren weiter und kommen gegen 15.30 Uhr am Abant-See an. Er ist gross, aber nur wenige Spots sind zugänglich und befischbar, da er fast überall von einem 10 Meter breiten Schilfstreifen gesäumt ist. Wir beginnen am Spot, den wir bereits auf Videos gesehen hatten. Doch selbst nachdem wir das knappe Dutzend zugänglicher Spots abgeklappert haben, passiert nichts. Unsere Hoffnungen ruhen jetzt auf dem Abendangeln …
Wir wählen einen Spot im Süden des Sees, den wir bis in die Nacht hinein absuchen, da wir trotz unserer Müdigkeit fest entschlossen sind, mindestens eine Forelle zu fangen. Ein paar Meter weiter haben sich einheimische Fischer mit zwei Ruten mit Wurm postiert und werfen auch ein paar Mal mit Kunstködern. Plötzlich ertönt das Geräusch eines Glöckchens und nach kurzem Kampf am brachialen Gerät liegt der Fisch am Ufer. Wir gehen näher heran, ein Fisch von etwa 30 Zentimeter mit einer noch prächtigeren Zeichnung als auf den Fotos, die wir gesehen hatten! Da sie kein Englisch verstehen, beglückwünschen wir sie mit dem einzigen uns bekannten türkischen Wort: «Mashallah!», was vereinfacht «wunderschön» bedeutet.
Wir werfen weiter und ein paar Minuten später ist ein Bremsgeräusch zu hören, wieder von der türkischen Seite; der Spinnfischer hat einen! Nach einem kraftvollen Kampf zeigt sich eine zweite Abant-Forelle, die gleich gross ist wie die erste. Diesmal mit einer recht schweren, rustikalen Jig-Art gefangen, die uns der Türke im Austausch mit einem unserer Löffel überlässt. Eine erste Demonstration der türkischen Gastfreundschaft. Natürlich hätten wir zu diesem Zeitpunkt lieber selbst diese Forellen gefangen, aber es motiviert uns trotzdem, bis in die Nacht hinein weiterzumachen. Leider vergeblich, abgesehen von einem heftigen Biss auf einen phosphoreszierenden Löffel. Wir sind hundemüde von dieser Anhäufung von Misserfolgen; wir haben es trotz mehr als 10 Stunden Fischen und 400 Kilometer Autofahrt nicht geschafft, einen Fisch zu fangen.
Jetzt ist es Zeit, ein Restaurant und ein Hotel für heute Abend zu finden.
Neuer Tag, neue Chance
Da die türkischen Fischer ihre beiden Fische in der Dämmerung gefangen haben und der Biss von Morgan ebenfalls im Halbdunkel gekommen ist, verlassen wir das Hotel bereits um 4.30 Uhr, fest entschlossen, jede Minute des Fischens zu geniessen! Wir kehren bei Tagesanbruch zum Spot vom Vortag zurück. Während der ersten halben Stunde sind mindestens drei Autos mit einheimischen Anglern umgekehrt, als sie sehen, dass der Spot besetzt ist – ein gutes Zeichen.
Dreissig Minuten, eine Stunde, eineinhalb Stunden – die Sonne kommt hervor und noch immer nicht die geringste Köderberührung. Plötzlich schreit Yannick: «Fisch!» Morgan wirft seine Rute vor die Füsse, schnappt sich seinen Feumer und rennt in Yannicks Richtung, während die Oberfläche ein erstes Mal explodiert. Ich mache Videoaufnahmen, die Oberfläche explodiert ein zweites Mal. Yannick bringt seinen Fang heran und Morgan feumert. Sie ist da! Endlich! Unsere erste Abant-Forelle.
Unsere Schreie und Freudensprünge sind völlig übertrieben, wir umarmen uns, können es kaum glauben und werden von den Einheimischen, die um den See spazieren, bestimmt für bekloppt gehalten.
Wir wechseln zu einem zweiten Spot, einige Dutzend Meter weiter. Die Würfe folgen wieder, zwar entspannter, aber genauso konzentriert! Nach einer Dreiviertelstunde, in der wir die Köder so weit wie möglich werfen, ist Morgan an der Reihe: «Fisch!» Nach einem scheinbar endlosen Kampf taucht der Fisch auf und landet ebenfalls im Feumer, ein zweiter Freudenausbruch über die zweite Forelle mit den herrlichen Farben, die nach einigen Fotos wieder in ihr Element zurückkehrt.
Morgan motiviert mich: «Nur noch du, dann können wir heute Nacht ruhig schlafen.»
Nach vielen weiten Würfen habe ich einen kleinen, seltsamen Biss in der Ferne. Ich spüre ein leichtes Gewicht, ohne wirklich zu wissen, ob es sich um Fisch oder Kraut handelt. Ich bin hin- und hergerissen zwischen der Genugtuung, endlich eine Forelle gefangen zu haben, und der Enttäuschung über die lächerliche Grösse dieses Fischs, den ich wieder zurücksetze.
Gegen Mittag beginnt sich die Müdigkeit bemerkbar zu machen. Wir kehren noch einmal für etwa 20 Minuten an den Morgenspot zurück. Als wir das Ufer erreichen, zeige ich auf einen riesigen Fisch unter der Oberfläche: «Wow, der Karpfen, wie fett er ist ...» Ich kann meinen Satz nicht beenden, als wir alle gleichzeitig feststellen, dass es sich nicht um einen Karpfen, sondern vielmehr um eine riesige Abant-Forelle handelt, deren rot-violett schimmernder Schwanz jeglichen Zweifel beseitigt! Wir beeilen uns, unsere Köder auszuwerfen, aber vergebens, sie entfernt sich schnell, ohne auch nur den Kopf zu drehen. Einige Zeit später sehe ich plötzlich wieder den riesigen Fisch! Dieser folgt einem Futterschwarm ein paar Meter vor uns. Ich renne zu meiner Tasche, die ein paar Meter entfernt liegt, öffne sie und sehe einen kleinen Softplastic-Köder vom Typ Finesse, der auf einen 3-Gramm-Dartkopf montiert ist! Ich weiss genau, dass diese Kombi in solchen Situationen effektiv sein kann; ich weiss es so genau, dass meine Hände zittern!
«Ist sie noch da?» «Ja, ja, beeil dich», antwortet Morgan. Ich nähere mich unauffällig der Kante, um den Fisch nicht zu erschrecken, werfe meinen Köder nur wenige Zentimeter von ihm entfernt aus und mache eine erste Animation. Die Forelle dreht sich sofort zu meinem Köder, öffnet ihr riesiges Maul und schnappt ihn sich! Ich schlage energisch an und erlebe sofort eine gewaltige Flucht, die meine Rolle endlose Sekunden pfeifen lässt! Nach mehreren Minuten wirkt sie endlich leicht erschöpft. Morgan beugt sich vor, schiebt den Feumer ins Wasser, und während ich den Fisch hinein begleite, überwältigt mich die Freude – bis die Forelle plötzlich aus dem Feumer springt und mir ein Schreckensschrei entfährt. Dann spüre ich den Druck in der Rute wieder. Puh! Sie ist noch dran! Die Forelle nähert sich ein zweites Mal dem flachen Bereich, sie scheint müder zu sein. Ich flehe Morgan an, dass es dieses Mal klappen muss. Sie geht mit dem Kopf voran in den Feumer und Morgan zieht sie schnell aus dem Wasser!
Meine erste echte Abant-Forelle, ein riesiger Fisch, den wir uns nie hätten vorstellen können. Die Passanten bleiben stehen, machen Fotos, wir auch und lassen diesen Fisch, der zu den schönsten meines Lebens gehört, wieder über den Abant-See herrschen!
Als wir zurückkommen, tauschen wir uns mit einigen türkischen Anglern aus, die uns erzählen, dass sie seit mehr als zehn Jahren keine Forelle von mehr als 50 cm im Abant-See gesehen oder auch nur von ihr gehört hätten. Was hatte ich für ein Glück!
Nachdem wir etwas gegessen und getrunken haben, um diesen unvergesslichen Fisch und Moment zu feiern, verlassen wir den Abant-See mit dem Gefühl, dass wir unser Ziel erreicht haben. Wir fahren weiter in Richtung Osten zu einem Stausee, der zwei Stunden nordöstlich von Ankara in der Region Çankiri liegt.
Der letzte Tag
Auch am letzten Morgen starten wir früh. Der See ist wie für uns reserviert und ausser Schlangen, Fröschen und Schildkröten wird uns niemand besuchen! Die Fauna ist in diesen abgelegenen Regionen der Türkei recht reichhaltig, sodass wir neben dem Fischen auch noch andere Dinge entdecken können und eine nette Abwechslung erleben!
Die ersten Würfe in der Morgendämmerung bringen keine Bisse. Erst als die Sonne auf unser Ufer scheint, werden die Fische aktiv! Mit einem ersten Fisch für Morgan, dann einem zweiten, dann einem dritten in weniger als 20 Minuten – während Yannick und ich immer noch ohne einen Biss bleiben. In den nächsten Minuten verzeichne ich meinen euphorischen Moment, ebenfalls mit drei Fischen. Yannick ist zuletzt an der Reihe, wieder ein Fisch um die 35 cm – wie alle an diesem Spot!
Im Lauf des Vormittags scheint sich die Aktivität etwas zu beruhigen, was sicherlich auf unseren Angeldruck zurückzuführen ist. Wir fischen jetzt schwerer, um die Wurfweite zu erhöhen und so weniger «geknüppelte» Spots und Wasserschichten abzusuchen. Diese Strategie zahlt sich aus, denn bis zum Mittag fangen wir noch fünf weitere Abant-Forellen, insgesamt also elf Fische, einer schöner als der andere! Es ist ein toller Moment unter Freunden und ideal, um den Aufenthalt mit einem Leuchten in den Augen zu beenden.
2 Kommentare
Antworten an: Johny Vegas
nils | 09 | 12 | 2022 |
ja, wir schreiben allerdings auch nicht, dass es eine eigene Gattung ist, sondern eine eigene Art der Lachsartigen:
So gibt es bei den Forellen z.B. unsere Bafo (salmo trutta), dann die Marmorata (salmo marmoratus) und in der Türkei eben auch die salmo abanticus. Die sind stammbaummässig gesehen alle auf der gleichen Stufe und nicht etwa die Marmorata oder eben die Abantforelle eine Unterart der Bachforelle. Gezüchtete Hybriden sind es definitiv nicht.
Johny Vegas
Super schöner gezeichneter Fisch?? Der Fisch gehört ja zu den Salmoniden, oder eventuell zu einer Unterart. Aber sicher nicht eine eigene Gattung???? Kann ich mir nicht vorstellen, muss ja von Salmoniden abstammen. Oder ein gezüchtete Hybride????