Bereit für die Silberbarren
04 | 01 | 2017 PraxisText & Fotos: Peter Schenk 04652
04 | 01 | 2017 Praxis
Text & Fotos: Peter Schenk 0 4652

Bereit für die Silberbarren

Im ersten fahlen Morgenlicht beladen wir das Schleppfischerboot. Die wieder auf Vordermann gebrachten Ruten, die neuorganisierten Geräteboxen, der grosse Feumer, Thermosflaschen, Verpflegung usw. werden verstaut. Eingemummt in dicke Winteranzüge, Fellmützen und mit schwerem Sorel-Schuhwerk gehen wir die Seeforelleneröffnung dieses Winters an.


Was freuen wir uns jetzt schon auf diesen Moment! Diese wunderbare Stimmung auf dem winterlichen See, das zarte graubläuliche Licht, die frische kalte Luft. Wir wollen das begehrte «Silber» überlisten. Doch der Fang der Seekönigin ist für uns nicht allein ausschlaggebend, ob der Tag gelingt. Diesbezüglich gibt es fängigere Jahreszeiten als die ersten Tage der jungen Seeforellensaison. Beim Eröffnungsfischen steht das ganze Drum und Dran im Mittelpunkt. Nach längerer Zwangspause endlich wieder auf dem vertrauten Gewässer sein. Die gute Stimmung an Bord mit Freunden teilen. Der Passion Schleppfischen frönen! Die Segler, Surfer, Badenden und Motorbootkapitäne träumen zuhause vom Sommer und überlassen uns den See. Schiffsverkehr ist während der kalten Jahreszeit nur in geringem Mass vorhanden, sodass wir Seeforellen-Fischer das Gewässer weitgehend nur für uns haben.


Gute Vorbereitung – reibungsloser Start

Die Vorfreude auf die bevorstehende Seeforellen-Eröffnung ist Motivation genug, um uns gut auf die Saison vorzubereiten. Die nasskalten Novemberabende sind geradezu ideal für stundenlange Einsätze an der Werkbank. Wir pflegen ja unser Boot auch, damit es seinen Dienst bei Nässe und Kälte erfüllt, und genauso müssen wir dem gesamten Equipment Pflege angedeihen lassen, damit es dann im entscheidenden Moment klappt.


Rollenservice: Unabdingbar

Es ist ärgerlich, ja unverzeihlich, wenn Schnüre reissen, Karabiner brechen und Rollenbremsen blockieren, nur weil man die Geräte nicht gewartet hat. Seeforellen-Bisse sind bekanntlich relativ seltene Ereignisse. Dies gilt in hohem Mass für die kapitalen Exemplare! Unsere modernen Schlepprollen sind wartungsarm, aber nicht wartungsfrei. Süsswasser setzt einer Rolle grundsätzlich viel weniger zu als die Einsätze im Meer. Nach jedem Gebrauch im Salzwasser müssen Rollen gespült werden. Im Binnengewässer erübrigt sich dieser Schritt. Trotzdem empfehle ich wenigstens alle paar Jahre einen Rollenservice zu machen. Reinigen und schmieren bzw. ölen von Lagern, Zahnrädern und Achsen verlängern die Lebensdauer markant und verhindern die fatale Blockade beim Drill. Im Internet finden Sie praktisch zu jedem Rollenmodell Wartungsanleitungen, Explosions-Skizzen und Tutorials zur fachmännischen Pflege. An einem hellen und sauberen Arbeitsplatz lässt sich ordentlich arbeiten und das Innenleben der Rollen kontrollieren und pflegen. Wer diese Mühe nicht auf sich nehmen will, soll seine Geräte einem Fachmann in den Service geben.


Gut gewickelt

Auf meinen Multirollen habe ich rund 500 Meter Geflochtene aufgespult. Trotz allen Bemühungen können nach intensivem Gebrauch gelegentlich schüttere Wicklungen entstehen. Diese entstehen zum Teil auch in tiefer liegenden Schnurpackungen nahe beim Spulenkern. Stationärrollen haben eine automatische Kreuzwicklung, hier besteht dieses Problem viel weniger als bei Multis, kann es aber dennoch mal geben. Lockere Schnurwicklungen auf Rollen können zur Folge haben, dass sich die Dyneemaschnur bei der Flucht eines kapitalen Fischs eingräbt und blockiert, was in aller Regel zum Fischverlust führt. Hier hilft nur eines: Hinaus aufs Wasser, kleines Bleigewicht ans Ende knoten und die kritische Schnurladung auslassen und anschliessend bei langsamer Fahrt wieder einholen. Die Reibung der Schnur im Wasser erzeugt einen perfekten Zug, sodass die Schnurwicklung wieder satt auf dem Spulenkern sitzt. Von meinen Schleppschnüren ersetze ich jährlich nur den vordersten Teil, welcher stetig in Gebrauch ist. Das spart Schnur, Zeit und Geld; die Montagen ersetze ich jedes Jahr. Bei hoher Beanspruchung sogar mehrfach. Gerade Kleinteile wie Wirbel, Sprengringe, Haken, Vorfächer usw. sind hohem Verschleiss unterworfen und sollten genau geprüft und im Zweifelsfall ohne Wenn und Aber ersetzt werden. Seien Sie hier nicht nachlässig! Man muss seinem Gerät trauen können. Die Ruten selber brauchen in der Regel nicht viel Winterservice. Sie werden auf Schäden kontrolliert und gereinigt.

 Keine Surfer, Motorboote und Betrieb: Wir haben den ganzen See für uns.

Keine Surfer, Motorboote und Betrieb: Wir haben den ganzen See für uns.

 Hauptsache endlich wieder draussen sein!

Hauptsache endlich wieder draussen sein!

 Schön gezeichnete 68er-Seeforelle – da lacht das Fischerherz!

Schön gezeichnete 68er-Seeforelle – da lacht das Fischerherz!

 Bei dieser Multirolle haben sich im Lauf der Zeit lockere Schnurwicklungen ergeben. Diese müssen ausgelassen und die Dyneema wieder straff aufgespult werden!

Bei dieser Multirolle haben sich im Lauf der Zeit lockere Schnurwicklungen ergeben. Diese müssen ausgelassen und die Dyneema wieder straff aufgespult werden!

 Ordnung auch bei den Kleinteilen.

Ordnung auch bei den Kleinteilen.

 Winterfischen – Fonduezeit!

Winterfischen – Fonduezeit!

 Die Vorbereitungen haben sich gelohnt: 85er bei windigen Winterverhältnissen. Die dicke Sicherheitsbekleidung ist Pflicht!

Die Vorbereitungen haben sich gelohnt: 85er bei windigen Winterverhältnissen. Die dicke Sicherheitsbekleidung ist Pflicht!


Keine Kompromisse bei schadhaften Komponenten!

Wir Fischer tendieren dazu, dem Terminal-Tackle eine überhöhte Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. «Mit welchem Köder hast du sie gefangen?» interessiert viel mehr, als «Wann hast du den letzten Rollenservice gemacht?». Obwohl eigentlich alle Komponenten bedeutsam sind. Aber selbstverständlich überprüfen und ergänzen wir in der Vorsaison auch das Terminal-Tackle. Bei Löffeln, Wobblern und Systemen müssen wir kontrollieren, ob Bestandteile korrodiert oder anderweitig beschädigt sind. Hier gehe ich keine Kompromisse ein und ersetze alle schadhaften Komponenten. Und die Erfinder unter uns tüfteln an neuen Farben, Formen und Präsentationsmöglichkeiten herum, in der steten Hoffnung, einen neuen Volltreffer zu landen.
Und dann bleiben uns noch die Kleinteile. Die Versorgeboxen werden gereinigt und neu befüllt. Die in diversen Grössen vorhandenen Quetschhülsen, Wirbel, Sprengringe, Stopperperlen, Snaps, Ködernadeln usw. werden wieder säuberlich getrennt, ergänzt und alles wieder beschriftet. Zu den Wartungsarbeiten gehört für mich auch immer, eine durchdachte Ordnung einzuhalten. Durch meine vielen Fischerreisen und -trips entwickelt die Ordnung manchmal eine unüberschaubare Eigendynamik, die es in der ruhigen Jahreszeit wieder einmal zu entflechten gilt. In der neuen Saison will ich alles auch im Halbdunkeln wieder griffbereit haben.


Jetzt kanns los gehen!

Ja, und bald haben wir alles wieder auf Vordermann gebracht, sodass es eine helle Freude sein wird, am Eröffnungstag wieder auszurücken. Nichts wird dem Zufall überlassen. Das Boot, Sicherheitsmaterial, Angelgeräte und Winterbekleidung sind minutiös vorbereitet. Selbst das Fondue-Set mit der Mischung vom Käser, Knoblauch, Pfeffer, Kirsch und Weisswein sind wie jedes Jahr einsatzbereit! Ich wünsche Ihnen eine motivierte Vorbereitungszeit und einen gelungenen Start in die neue Seeforellensaison.

 

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