18 | 12 | 2023 | Diverses | 0 | 3020 |
18 | 12 | 2023 | Diverses |
0 3020 |
Christoph Netzer:
Ein bestandener Fliegenfischer
Daniela und Mauro Misteli treffen sich auf dem Zürichsee mit Christoph «Netzi» Netzer. Der passionierte und engagierte Fischer erzählt, wie er auf das Fliegenfischen gekommen ist und welche Ansprüche die EFFA-Prüfung stellt.
Wir treffen Christoph Netzer oder «Netzi», wie ihn viele nennen, im Hafen Oberrieden bei seinem Boot. Gemeinsam wollen wir auf den Zürichsee und mit der Fliegenrute unser Fischerglück auf Hecht und Egli versuchen. Wir möchten aber auch mehr über Christoph erfahren, denn er ist seit letztem Jahr bestandener EFFA Wurf-Instruktor. Die EFFA steht für «European Fly Fishing Association» und hat zum Ziel, die Fliegenfischerei in Europa zu fördern.
Angeborenes Fischer-Gen
Netzi ist jetzt 40 Jahre alt und arbeitet, zum Namen passend, als Netzelektriker. Wie viele von uns fischt er seit seiner Kindheit und hat vor allem die Ferien am Neuenburgersee in guter Erinnerung. In den zwei Wochen auf dem Campingplatz war der kleine Christoph hauptsächlich am Wasser unterwegs. Mit einer grünen und viel zu grossen Glasfaserrute in der Hand, wie Netzi lachend erzählt. Aufgewachsen in Solothurn, hatte er viele Möglichkeiten zum Fischen an der Aare. Doch spätestens als er ein Töffli fahren durfte, zog es ihn überall hin, wo er fischen konnte. «Das Fischer-Gen ist einfach da und es bleibt halt auch», sagt Netzi. In seinem Freundeskreis war und ist er «der Typ, der ständig am Fischen ist». Schon im jugendlichen Alter wächst das Interesse an den Raubfischen. Diese Leidenschaft hat sich bis heute nicht geändert. Dass Christoph den See gut kennt und weiss, wo sich die Hechte im Zürichsee auch mit der Fliegenrute fangen lassen, beweist er uns schon nach kurzer Zeit mit einem schönen Fisch.
Neuseeland und das Fliegenfischen
Zur Fliegenfischerei kam Netzi durch einen Sprachaufenthalt in Neuseeland. Als er seinen Kollegen im Fischereiverein von seinen Reiseplänen erzählte, sagten sie ihm, dass er dafür doch unbedingt Fliegenfischen lernen solle. Fliegenfischen und Neuseeland, das gehöre einfach zusammen. Gesagt und getan: Im Jahr 2008 besuchte er einen Wurfkurs, aber blieb eher skeptisch. Trotzdem übte er das Werfen fleissig, denn der Traum von der grossen Neuseeland-Forelle mit der Fliegenrute sollte wahr werden. Auf der anderen Seite der Welt angekommen, kaufte er sich ein Auto und erkundete mit seiner Rute die Gewässer. Beim Erzählen dieser Episode wird sein Grinsen ganz breit und er kommt ins Schwärmen. Was für eine grossartige Erfahrung es war, die erste grosse Forelle auf die Trockenfliege zu fangen! In einigen Situationen konnte er Fische, die er entdeckt hatte, jedoch nicht erreichen. So wurde ihm bewusst, dass seine Wurfkünste noch lange nicht gut genug waren. In den folgenden Jahren machte Netzi weitere Reisen mit der Fliegenrute im Gepäck. Es zog ihn nach Slowenien, Österreich, Deutschland, nochmals Neuseeland, aber auch nach Russland. Netzi lernte immer mehr Leute aus der Fliegenfischerszene kennen und beschloss, die Wurfprüfung der EFFA zu absolvieren. Er wollte ein besserer Fischer werden und der Ehrgeiz packte ihn.
Eine anspruchsvolle Prüfung
Auf diese Prüfung könne sich jeder anmelden, erklärt er uns. Doch der Aufwand entpuppt sich für die meisten als deutlich grösser als am Anfang gedacht. Einerseits müssen viele verschiedene Würfe perfekt sitzen, und andererseits muss auch das technische Verständnis da sein. Ebenfalls wird ein hoher Wert auf die Methodik und Didaktik gelegt. Kurz gesagt: Gutes Werfen allein reicht nicht! Christoph trainiert zwei Jahre lang intensiv, liest Bücher, schaut Filme und macht auch von sich selbst immer wieder Aufnahmen, um seine Wurftechnik zu analysieren. Ein Kollege, der bereits bestandener Instruktor ist, unterstützt ihn dabei. Er erzählt, dass viele schon in dieser Phase scheitern und noch vor der Prüfung aufgeben. Im Jahr 2022 besteht Netzi schliesslich diese Prüfung und mit ihm freuen sich auch seine Fischerfreunde. Gratulation! Als perfekten Fischer sieht er sich auch jetzt nach der Prüfung bei Weitem nicht, aber er hat dadurch ein sehr hohes Niveau im Fliegenfischen erreicht und fängt den einen oder anderen Fisch mehr mit der Fliege als früher.
Was kommt nach der Prüfung?
«Die Fliegenfischerei bleibt ein intensives Hobby, aber ganz zum Beruf will ich mir das nicht machen», meint Netzi. Doch das Weitergeben von Wissen liegt ihm und er ist auch beruflich als Dozent und Prüfungsexperte tätig. Ihm liegt es am Herzen, andere Menschen für das Fliegenfischen zu begeistern. Im kleinen Rahmen bietet er nun auch Wurfkurse an und freut sich über Anfragen zu spezifischen Fliegenfischerthemen. Gerade die Woche zuvor hat er einen Abend rund um das Thema Hechtfischen mit der Fliegenrute moderiert.
Netzi leitet nun auch eine Wurfgruppe der EFFA, welche sich einmal pro Woche trifft, um ihre Wurfkünste zu vertiefen. Alle haben ein unterschiedliches Niveau und arbeiten an ihrem Wurfstil. Netzi steht ihnen dabei gerne mit Rat zur Seite. Die EFFA nimmt bereitwillig neue Mitglieder auf und auch Netzis Wurfgruppe freut sich über Zuwachs.
Vom Fischen abgelenkt
Da wir die Faszination für das Fliegenfischen auf Hecht und Egli mit Netzi teilen, gestaltet sich das Interview nicht ganz einfach. Unser Fokus richtet sich ständig aufs Fischen und wir verlieren den Gesprächsfaden. Die aktiven Egli und Hechte sind einfach zu interessant, für jeden von uns … Als unsere Zeit auf dem Wasser zu Ende geht, stellen wir fest, dass lange nicht alle Fragen beantwortet sind. Ein guter Grund, um sich nochmals zu treffen! Auch bei unserem zweiten Anlauf sind wir zu dritt auf dem Zürichsee und erneut landet Netzi prompt einen schönen Hecht. Aber die Egli wollen diesmal nicht wirklich mitmachen. Das ändert aber auch diesmal nichts daran, dass das Interview beim Fischen in den Hintergrund rückt. Wir beschliessen, Christoph zum Znacht einzuladen, um in aller Ruhe und voller Konzentration ein Gespräch zu führen. So hat es schliesslich geklappt mit diesem Bericht über Netzi!
Zum Schluss fragen wir ihn nach seinem fischereilichen Traumziel. Zu unserer Überraschung spricht er nicht von einem grossen Fisch, den er fangen will, oder einem fernen Land, das er bereisen möchte. Er will ganz einfach so oft wie möglich am Wasser sein und diese Momente erleben. Ihn begeistern die Vielfalt der Fischerei und die Erlebnisse am Wasser mehr als die Grösse einzelner Fänge.
European Fly Fishing Association EFFA
Die European Fly Fishing Association hat das Ziel, den Fliegenfischern in Europa eine gemeinsame Stimme zu geben und die vielfältigen Bereiche des Fliegenfischens zu vertreten. Mitglieder aus über 20 Ländern Europas gehören ihr an, darunter Fliegenbinder, Wurfinstruktoren, Guides oder Gewässerschützer. Die EFFA hat sich in besonderer Weise der Ausbildung von Fliegenfischern angenommen und organisiert Zertifikationsprogramme in allen relevanten Bereichen der Fliegenfischerei. EFFA-Zertifikate sind begehrt und die Prüfungen geniessen wegen ihrer Professionalität nicht nur einen hohen Stellenwert, sondern gelten als die anspruchsvollsten ihrer Art.
0 Kommentare
Keine Kommentare (Kommentare erscheinen erst nach unserer Freigabe)