09 | 03 | 2021 | Reisen | 0 | 15898 |
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Walchensee – Ein See für jede Jahreszeit
Noch immer ist Verreisen keine einfache Sache. Der Walchensee in Bayern ist ein interessanter Kandidat für die ersten Fischerferien im 2021. Bernd Taller stellt sein Lieblingsgewässer vor.
Der Walchensee liegt in der Nähe von Garmisch-Partenkirchen. Er hat eine Fläche von 16,2 km2 und ist 192 Meter tief. Seine durchschnittliche Wassertiefe beträgt etwas über 80 Meter und infolge eines häufigen thermischen Windes friert er niemals zu, lediglich in den Buchten kann es zu einer Randeisbildung kommen. Der Walchensee ist ein Natursee mit den Zuflüssen Obernach, Rissbach und Isarkanal und liegt auf einer Höhe von 800 Metern über dem Meer. Im Sommer wird das Wasser nur selten über 20 Grad warm. In der Regel ist das Wasser extrem klar mit einer Sichtigkeit von über 10 Metern im März. Es trübt sich nur zur Schneeschmelze ein.
Der Felchenbestand kann als sehr gut bezeichnet werden. Weiter kommen Seesaiblinge, Hechte, Egli, Trüschen sowie Seeforellen vor. Für den Einsteiger empfiehlt sich ein Boot, damit kann man auch die entlegenen Buchten wie Sachenbach und Stiller Winkel erreichen. Erfolgreiche und beliebte Stellen sind die Klösterlspitze, Cafe Bucherer und der Hackl.
März | Seeforelle, Felchen & Trüschen
Erster März, Saisoneröffnung, und ich stehe am Ufer des Walchensees. Ein heftiger Wind weht mir Schneeflocken ins Gesicht. Meine Füsse spüre ich längst nicht mehr und auch die Hände tun mir weh. Ganz sicher wäre ich nicht hier draussen, wenn ich nicht genau wüsste, dass solche Wetterbedingungen beste Seeforellenchancen bieten. Immerhin hat dieser scheue Fisch fünf Monate lang keinen Köder gesehen. Mozzi, Mepps, Wobbler – die Klassiker. Topköder schlechthin ist jedoch der kleine Egli oder die Elritze am Planseesystem. Weit auswerfen, gefühlvoll heranzupfen und immer wieder Kurbelstopps einlegen. Der Vormittag verläuft jedoch ergebnislos. Deshalb disponiere ich nach der Mittagspause um. Auf einer Wurzel mache ich es mir bequem und lege zwei Hegenenruten aus. 40 Gramm Blei, ein Auftriebskörper und darüber die Hegene. Es gilt weit auszuwerfen, um tieferes Wasser zu erreichen. Dann stelle ich meine beiden Ruten in die Steinpackung und straffe die Leine. Es ist an der Zeit, mir eine Pfeife zu stopfen. Doch dazu komme ich gar nicht. Die wippende Rutenspitze kündigt einen Fisch an. Und mit über 30 Zentimetern ist es gleich ein massiges Felchen. Erst als es zu dunkeln beginnt, gelingt ein weiterer Fang und beschliesst einen befriedigenden Eröffnungstag.
Am folgenden Abend gönne ich mir etwas Besonderes. Auf Trüschen soll es gehen, mein allererster Versuch. Eine Rute beködere ich mit einem Fischstück und lege sie ufernah aus, die zweite wird mit Tauwurm bestückt und möglichst weit ausgeworfen. Knicklichter sollen einen Biss signalisieren. Aber es bleibt beim Sollen. Die mondhelle Nacht bietet keine günstigen Bedingungen, eine tiefe Dunkelheit würde meine Fangchancen deutlich erhöhen.
April | Felchen, Saiblinge und ein Geheimtipp
Der April macht, was er will, auch im Hochgebirge: Milde, windstille Tage, dann wieder Tage mit Schneeschauern. In den vergangenen Jahren konnten hervorragende Felchenfänge getätigt werden. Ein Punkt wird von der Mehrzahl der Angler übersehen: die Krötenwanderung. Ein Zufall verhalf mir zur Erkenntnis, dass Kröten für Fische einen Leckerbissen darstellen. Ich hatte auf Seesaiblinge geschleppt, bis ein stark aufkommender Wind mich ans Ufer zwang. In einer Bucht an der Ostseite zog ich mein Boot an Land. Die Zapfenrute beköderte ich mit einem kleinen Egli und warf weit aus. Ohne grosse Hoffnung, bis ich plötzlich im Drill mit einer Seekönigin war. 62 Zentimeter wies sie auf. Beim Ausweiden kamen Reste von Kröten zum Vorschein. Kröten bei ihrem Laichgeschäft sind für die Raubfische eine leichte Beute und sollten in Gummiform vermehrt als Köder eingesetzt werden.
Mai | Ab aufs Boot
Im Mai bin ich wieder am See. Nun hat der Frühling auch im Hochgebirge Einzug gehalten. Fleissig ruft der Kuckuck, schnell streicht der Eisvogel übers Wasser. Jetzt hat man die Wahl, ob man seine Hegene vom Ufer oder vom Boot aus anbieten möchte. Zu beachten wäre, dass die Felchen nun auch im ganz flachen Wasser anzutreffen sind. Und gelegentlich sind das besonders grosse Exemplare. Ausser Felchen sind ebenso Seesaiblinge unsere Beute. Wenn ein Schwarm vorbeizieht, lassen sich in kurzer Zeit einige dieser farbenprächtigen Fische erbeuten. Auf Saiblinge wird auch geschleppt: Mit der Tiefseeschlepprolle, dem Downrigger oder dem Kombisystem. Hierbei wird der Drillingshaken eines dünnen Löffels entfernt und gegen ein zehn Zentimeter langes 22er-Vorfach mit 4er-Haken ausgetauscht. Als Köder dienen Fleisch- oder Bienenmaden.
Sommer | Abends oder frühmorgens
Natürlich bin ich auch im Hochsommer am Walchensee. Nun früh am Morgen und spät am Abend, denn jetzt müssen wir das Gewässer mit Schwimmern, Seglern und Surfern teilen. Wer jedoch einen längeren Fuss- oder Ruderweg zurücklegt, der wird ein ruhiges Plätzchen finden. Im Juli und August darf man auf gute Hechtfänge hoffen. Auch hier kommt sowohl der Ufer- wie auch der Bootsangler zum Zug. Beim Schleppfischen ist ein frisch getöteter Fisch, eine Schwale oder ein Egli, auf ein Stockersystem gezogen, der beste Köder. Nur darf für Hechte das Rudertempo nicht zu hoch gewählt werden. In jeder Saison werden Esox mit über 10 Kilo erbeutet. Zum Schutz des Salmonidenbestands haben die Hechte am Walchensee weder Schonmass noch Schonzeit.
Der Eglibestand hat sich kontinuierlich verbessert. An den Bootshäusern, Bacheinläufen, eigentlich überall, lassen sich die Stachligen finden. Ich rücke ihnen gern mit meiner alten Gespliessten von Pezon & Michel zu Leibe. Und mein Topköder ist nach wie vor der Mepps Gr. 2 in Silber.
September | Zeit für den Abschied
Ende September endet die Saison am grössten Alpensee Deutschlands. Die Laubbäume verfärben sich ganz prächtig und kontrastieren herrlich mit den dunklen Tannen und Fichten. Vor der kalten Jahreszeit mästen sich die Fische. Der See bietet die gesamte Palette an Fängen. Wer noch einmal sein Glück beim Schleppen auf Seeforelle versuchen möchte, sollte seinen Köder in fünf bis zehn Metern Tiefe anbieten. Immer wieder treiben goldbraun glänzende Käfer auf der Oberfläche und werden dankbar angenommen. Der Mageninhalt einer Silbernen bestätigte mir dies vor vielen Jahren.
Mit Wehmut rudere ich am 30. September auf den See hinaus und denke an den Schriftsteller Gottfried Benn. Dieser erwähnt in einem seiner Werke einen Amerikaauswanderer, der gefragt wird, was er sich zum Abschied aus Deutschland wünschen würde. Und er sagte: « Einen Sommer am Walchensee.»
Fischer-Info
Erlaubnisscheine: Tageskarte 10 €, Wochenkarte 38 €, Monatskarte 130 €, Jahreskarte 300 €, (Jugendliche 60 €)
Helene Edlinger, Seestr. 15, 82432 Walchensee, Tel. 0049 8858 422 (auch Bootsverleih)
Karl Asenstorfer, Urfeld 27, 82432 Urfeld, Tel. 0049 8851 363 (auch Bootsverleih)
Unterkunft: Auskünfte durch die Tourist-Info, Ringstr. 1, 82432 Walchensee, Tel. 0049 8858 411.
Hier ist auch ein drei Monate gültiger Ausländerfischereischein zu erwerben.
Bestimmungen: Es dürfen 5 Felchen und 10 Saiblinge pro Tag entnommen werden und zwei Ruten mit jeweils einer Anbissstelle verwendet werden. Eine Hegene mit 5 Haken oder zwei mit jeweils drei. Antriebshilfen für Boote sind nicht erlaubt. Echolot gestattet
Schonzeiten und Mindestmasse: Während der Angelsaison vom 1. März bis zum 30. September existieren keine Schonzeiten. Mindestmasse: Felchen 30 cm, Saibling 26 cm, Forelle 60 cm
Lesetipps: «Angelfaszination Alpenseen» von Bernd Taller. In dem 148 Seiten umfassenden Buch werden 30 deutsche, österreichische und Schweizer Alpenseen in Text und Foto portraitiert. Ausserdem werden Fischarten und Angeltechniken vorgestellt. Leopold Stocker-Verlag Graz, ISBN 978-3-7020-1725-2, Preis: 19,90 €
«Wundervoller Walchensee» von Bernd Taller, Angeltipps, Historie, Anekdoten. Zu erwerben in den Kartenausgabestellen und der Tourist-Info Walchensee. Preis: 6 €
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